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       # taz.de -- Schwere Kämpfe im Ostkongo: Rebellen rücken auf Goma vor
       
       > Kongos Regierungsarmee weicht nahe der Provinzhauptstadt Goma vor den
       > Rebellen der M23 zurück. Die UN-Blauhelmmission greift in die Kämpfe ein.
       
   IMG Bild: Auf der Flucht: Bewohner der Goma-Region retten sich am Freitag vor den Kämpfen
       
       BERLIN taz | Die schwersten Kämpfe in der Demokratischen Republik Kongo
       seit vier Monaten haben die Aufständischen der Rebellenbewegung M23
       (Bewegung des 23. März) näher an die ostkongolesische Provinzhauptstadt
       Goma gebracht. Wie die taz erfuhr, reorganisierten sich die
       Regierungstruppen am Samstag rund 14 Kilometer nördlich der Millionenstadt,
       nachdem sie am Morgen aus ihren bisherigen Frontstellungen bei Kibumba 30
       Kilometer nördlich von Goma zurückgedrängt worden waren.
       
       In Goma herrschte beginnende Panik über einen möglichen Rebelleneinmarsch,
       berichteten Quellen aus der Stadt der taz. Flüchtlinge aus dem Umland seien
       dabei, sich auf der Suche nach Sicherheit in Richtung Goma zu bewegen.
       Demonstrierende Witwen getöteter Regierungssoldaten hätten Autos mit
       Steinen beworfen.
       
       Erste ausländische Mitarbeiter internationaler Organisationen überquerten
       die nahe Grenze nach Ruanda. Das kongolesische Goma liegt direkt neben der
       ruandischen Grenzstadt Gisenyi. In New York sollte am Samstagnachmittag
       (Ortszeit) der UN-Sicherheitsrat zu einer Dringlichkeitssitzung
       zusammentreten.
       
       Die M23, geführt von aus der kongolesischen Armee desertierten
       Tutsi-Generälen, ist die stärkste Rebellenbewegung des unruhigen Kongo. Sie
       wird nach UN-Berichten von Ruanda sowie Uganda unterstützt. Seit Juli 2012
       beherrscht die M23 wichtige Teile der ostkongolesischen Provinz Nord-Kivu
       an den Grenzen zu Ruanda und Uganda um die Distrikthauptstadt Rutshuru und
       knüpft Allianzen mit anderen bewaffneten Gruppen der Region.
       
       Ein von Uganda ausgehandelter informeller Waffenstillstand hatte die
       Rebellen im Juli von der Provinzhauptstadt Goma ferngehalten und eine
       Frontlinie rund 30 Kilometer vor der Stadt stabilisiert. Doch in den
       vergangenen Wochen hatten kongolesische Regierungspolitiker mehrfach mit
       neuen Angriffen gedroht.
       
       ## Regierungstruppen suchen die Kraftprobe
       
       Auf Wunsch der kongolesischen Regierung schloss Uganda Anfang letzter Woche
       den wichtigsten Grenzübergang aus dem M23-Rebellengebiet in der Stadt
       Bunagana, und die US-Regierung belegte M23-Militärführer Sultani Makenga
       mit Sanktionen. Diese diplomatischen Erfolge ermutigten offenbar Kongos
       Regierung dazu, jetzt auch militärisch die Kraftprobe zu suchen.
       
       Am vergangenen Donnerstag brachen erstmals seit langem an der Frontlinie
       nördlich von Goma schwere Kämpfe aus. Die Regierungsarmee sagte am Freitag,
       sie habe bei diesen Kämpfen bis zu 150 M23-Rebellen getötet, darunter auch
       ruandische Soldaten.
       
       Von unabhängiger Seite konnten diese Angaben nicht bestätigt werden.
       Internationalen Medien wurden am Freitag mehrere Leichen angeblicher
       Rebellen vorgeführt. Zugleich aber war die Regierungsarmee mehrere
       Kilometer zurückgewichen, ohne dass die Rebellen zunächst nachrückten.
       
       Am Samstag früh, nach einem Tag Ruhe, versuchten die Regierungstruppen
       einen Gegenangriff, der offensichtlich in einem Debakel endete. Am Samstag
       nachmittag sprach die Regierungsarmee von einem „strategischen Rückzug“ aus
       Kibumba.
       
       ## M23 erbeutet Rüstungsarsenal
       
       Die M23 erklärte, sie habe die angreifenden Einheiten „völlig zerstört“ und
       ein wichtiges Rüstungsarsenal erbeutet, das die Regierungstruppen in
       Kibumba zur Vorbereitung eines Angriffs zusammengetragen hätten.
       
       Die UN-Mission im Kongo (Monusco) flog nach eigenen Angaben mit ihren
       Kampfhubschraubern Luftangriffe auf die vorrückenden Rebellen. Es seien 10
       Einsätze geflogen worden, erklärte die Monusco am Samstag nachmittag und
       sagte, sie sei „entschlossen, die Zivilbevölkerung zu verteidigen“ – in
       Goma sowie im Flüchtlingslager Kanyarucina mit 80.000 Bewohnern nördlich
       der Stadt.
       
       Die Blauhelme „werden keinen Vorstoß und keine Aktion der M23 hinnehmen,
       der Panik unter der Zivilbevölkerung provoziert und neue Fluchtbewegungen
       herbeiführt“, hieß es in der UN-Erklärung weiter. Außerdem sei „die M23 am
       Ursprung der jetzigen Situation und muss dafür allein die komplette
       Verantwortung übernehmen“.
       
       Damit sprach die Uno Kongos Regierung von jeglicher Verantwortung für die
       Eskalation frei – aber auch die Regierung Ruandas: die Vorwürfe
       kongolesischer Regierungsstellen, wonach ruandische Einheiten auf M23-Seite
       in den Kongo einmarschiert seien und diese unterstützten, werden von der
       UN-Mission nicht übernommen.
       
       17 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
   DIR Dominic Johnson
       
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