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       # taz.de -- Eurogruppe zu Griechenland: Zwei Jahre mehr Zeit
       
       > Die Griechen müssen weiter sparen, bekommen aber kostbare Zeit geschenkt.
       > Deutschland gab seinen Widerstand gegen den Aufschub auf.
       
   IMG Bild: Ließen sich Zeit mit den Griechen: Schäuble und Merkel im Bundestag.
       
       BRÜSSEL dapd | Die Eurogruppe hat bei einem Treffen in Brüssel dem
       angeschlagenen Griechenland zwei Jahre mehr Zeit zum Sparen eingeräumt. Die
       „geänderten Haushaltsziele“ wären „eine angemessene Anpassung angesichts
       der wirtschaftlichen Entwicklung“, hieß es in einer Erklärung der
       Eurogruppe in der Nacht zum Dienstag.
       
       Athen hatte um den Aufschub gebeten, und die Troika-Experten von
       Europäischer Zentralbank (EZB), EU-Kommission und Internationalem
       Währungsfonds (IWF) hatten sich hinter die Forderung gestellt.
       
       Am Montag gaben nun auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und
       seine Euro-Kollegen grünes Licht. „Heute wurde ein riesiger Schritt weiter
       in Richtung Umsetzung des Programms für Griechenland getan“, sagte der
       französische Finanzminister Pierre Moscovici.
       
       Damit werde das Vertrauen in die Eurozone steigen und man sei einer
       endgültigen Lösung des Problems näher gekommen. „Wir hätten nicht mehr
       schaffen können“, sagte Moscovici. Schäuble wollte am Dienstagvormittag
       zusammen mit seinem französischen Amtskollegen nochmals eine
       Pressekonferenz geben.
       
       Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker berief am Montagabend eine
       Sondersitzung für den 20. November ein. Bis dahin sollten die fehlenden
       Elemente vorliegen, damit Entscheidungen zur Rettung Griechenlands
       getroffen werden könnten, sagte Juncker nach dem Treffen der
       Euro-Finanzminister in Brüssel. Der französische Ressortchef Moscovici
       hatte vor dem Auftakt auf eine politische Einigung schon in der Nacht
       gedrungen, war jedoch unter anderem am deutschen Widerstand gescheitert.
       
       ## Finanzierungslücke von 32 Milliarden Euro
       
       Völlig offen bleib, wie die dadurch entstehende zusätzliche Lücke von 17,6
       Milliarden Euro geschlossen werden soll. Eine Einigung über eine
       Verlängerung der Programmlaufzeit bis 2016 sei noch keinesfalls erzielt,
       hieß es in Diplomatenkreisen. Durch die stärkere Rezession in Griechenland
       fehlen laut Troika-Bericht schon bis 2014 rund 15 Milliarden Euro. Bis
       dahin sollte der Staat eigentlich einen Primärüberschuss von 4,5 Prozent
       der Wirtschaftskraft erzielen – und damit seine Rechnungen wieder selbst
       begleichen können. Gelingt dass nun erst 2016, liegt die Finanzierungslücke
       insgesamt bei mehr als 32 Milliarden Euro.
       
       Einen offenen Streit gibt es zwischen Eurogruppe und IWF darüber, wie und
       bis wann Athen wieder schuldentragfähig gemacht werden muss.
       Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker sagte, das bisherige Ziel, einen
       Schuldenstand von 120 Prozent bis 2020 zu erreichen, müsse ebenfalls um
       zwei Jahre auf 2022 aufgeschoben werden. IWF-Chefin Christine Lagarde hielt
       auf der gemeinsamen Pressekonferenz dagegen: „Der angemessene Zeitplan ist
       120 Prozent bis 2020. Wir haben klar verschiedene Meinungen.“
       
       Uneinigkeit herrscht auch darüber, wie der Schuldenberg abgebaut werden
       soll. Laut Prognose der EU-Kommission wächst er in den kommenden zwei
       Jahren auf 190 Prozent. Geht es nach dem IWF, dann sollen die Euroländer
       den Hellenen Schulden erlassen. „Alle Pisten werden geprüft“, betonte
       Lagarde ihre Forderung. Diesmal widersprach Juncker: „Mein persönliches
       Gefühl ist: Zu einer Beteiligung des öffentlichen Sektors wird es nicht
       kommen.“
       
       ## Bundestag muss ran
       
       Bis die Eurogruppe erneut zur Griechenland-Sondersitzung am kommenden
       Dienstag zusammenkommt, soll sich die Troika auf eine
       Schuldentragfähigkeitsanalyse und einen Vorschlag für die Finanzierung
       einigen. Zugleich sollen die Parlamente – insbesondere der Bundestag – mit
       der zusätzlichen Hilfe befasst werden. Als neues Datum für den endgültigen
       Beschluss, den Hellenen die nächste Kredittranche von 31,5 Milliarden Euro
       zu überweisen, nannte Juncker Ende November.
       
       Eigentlich wäre Athen dann längst pleite, denn schon am kommenden Freitag
       muss der Staat 3,4 Milliarden Euro an Schulden zurückzahlen. Doch soll es
       abermals gelingen, die Klippe zu umschiffen: Indem das Land ein weiteres
       Mal Blitzkredite mit Minilaufzeit von vier Wochen ausgibt. Bis Montag hatte
       es geheißen, die EZB müsse der griechischen Zentralbank dafür einen höheren
       Spielraum geben – damit diese den griechischen Banken frisches Geld leihen
       kann. EU-Kommissar Olli Rehn erklärte hingegen, die griechischen Banken
       hätten genug eigenes Geld und eigene Sicherheiten, um die Kurzanleihen zu
       kaufen.
       
       13 Nov 2012
       
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