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       # taz.de -- Merkel in Portugal: „Sie hat hier nicht das Sagen“
       
       > Kanzlerin Merkel will den Sparkurs der portugiesischen Regierung
       > unterstützen. Bürgerinitiativen beklagen die totale Zerstörung des
       > Sozialstaats.
       
   IMG Bild: Angela Merkel, wie man sie in Lissabon sieht.
       
       LISSABON taz | Als Bundeskanzlerin Angela Merkel am Montag auf dem
       Militärflughafen Maduro von Lissabon landete, wartete draußen schon ein
       Grüppchen von rund 20 Demonstranten auf sie. Aus dem „Unwillkommenheißen“
       wurde aber nichts: Die deutsche Regierungschefin wurde unter strenger
       Sicherheitsbegleitung vom Flughafengelände in die Stadt gebracht.
       
       Auf dem Programm des eintägigen Besuches standen Gespräche mit Präsident
       Anibal Cavaco Silva und mit Premier Pedro Passos Coelho, denen die
       Kanzlerin, wie es aus deutschen Diplomatenkreisen hieß, ihre Unterstützung
       für den [1][Reformkurs angesichts der anhaltenden Krise] zusichern wollte.
       Außerdem nahm Merkel am Nachmittag an einem deutsch-portugiesischen
       Unternehmertreffen teil.
       
       Der 30-jährige Hauswart Pedro Brandão war unter den zwei Dutzend
       Demonstranten, die hofften, vor dem Flughafengelände ihren Unmut über die
       harten EU-Sparauflagen äußern zu können. „Sie soll ab nach Hause gehen!“,
       rief er. „Sie ist ein Diktator und setzt ihre harte Politik mit aller Macht
       durch.“
       
       Die geplante Menschenkette, die einige Aktivisten formen wollten, kam
       allerdings nicht zustande. Merkel hatte freie Fahrt und kam ungehindert zum
       Amtssitz des portugiesischen Präsidenten im Lissabonner Stadtteil Belém.
       Der war buchstäblich in eine Festung verwandelt worden. Die strengen
       Sicherheitsmaßnahmen in diesem Viertel, in dem auch das
       deutsch-portugiesische Unternehmertreffen stattfand, ließen kaum eine
       Chance für Proteste.
       
       ## Wut auf Merkel
       
       Bürgerinitiativen und die stärkste Gewerkschaft CGTP hatten unter dem Motto
       „Die Merkel hat hier nicht das Sagen“ zu Demonstrationen aufgerufen. Sie
       machen die Kanzlerin für den harten Sparkurs in Portugal mitverantwortlich.
       Auch unweit von Lissabon – vor der alten Festung São Julião da Barra –, wo
       Portugals Premier Pedro Passos die Bundeskanzlerin aus Sicherheitsgründe
       empfangen hat, hatten sich ein paar Demonstranten versammelt.
       
       Viele riefen Parolen wie „Die Menschen, vereint, werden niemals besiegt
       werden“ – „Diebe, Diebe“ oder „EU und IWF raus“.
       
       Die Facebook-Bürgerinitiative „Zum Teufel mit der Troika“ hatte die
       Portugiesen aufgerufen, schwarzen Stoff über Monumente, Balkone und an
       Häuserfassaden zu hängen.
       
       Am heutigen Tag sollen die Menschen in Büros, Schulen und Fabriken außerdem
       schwarze Kleidung tragen. In einer Mitteilung der Bürgerinitiative wird
       Frau Merkel als „eine der Galionsfiguren jener Ideologie, die uns Armut,
       Arbeitslosigkeit, Unsicherheit und die totale Zerstörung des Sozialstaats
       aufbürdet“, kritisiert. Bereits am Mittwoch hatten über 100 Intellektuelle
       und Künstler in Portugal Merkel zur „unerwünschten Person“ erklärt.
       
       12 Nov 2012
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Sparkurs-in-Portugal/!105397/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simon Kamm
       
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