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       # taz.de -- Kolumne Später: Leben in der Bude
       
       > Wie belebt man die leere Wohnung, wenn die Kinder ausgezogen sind?
       > Alleinwohnexpertin Bine gibt Tipps. Auf zum Zimmerbrunnenkauf.
       
   IMG Bild: Die Heizung ist Schrott. Egal, die eigene energetische Sanierung ist nötig.
       
       Seit sechs Wochen befinde ich mich nun schon im Selbstversuch, und da gibt
       mir Freundin Bine gerne psychologische Tipps. „Die Küche“, sagt Bine, „die
       Küche ist das Zentrum. Die Nahrung. Die Wärme.“ Wir hocken jetzt auch bei
       mir in der Küche.
       
       Die Zentralheizung ist nicht mehr ganz auf der Höhe, ich habe daher den
       Backofen angemacht und die Klappe geöffnet, die warme Luft strömt in den
       Raum, zur Hölle mit der Ökologie. Ich brauche meine eigene energetische
       Sanierung, jetzt, wo die Kinder ausgezogen sind.
       
       „Die Küche muss gemütlich sein“, führt Bine aus, „schon immer saßen da die
       alten Frauen, schälten Kartoffeln, strickten, kochten Obst ein.“ Bine sitzt
       auch bei sich oft in der Küche, gerne alleine, mit dem Radio und den vielen
       Postkarten an der Wand und ihrem Netbook, mit dem sie neuerdings mit
       Freundinnen skypt oder nach Trekkingreisen im Himalaja surft.
       
       Bine ist Profi im Alleinewohnen, die Beteiligung an einem Hausprojekt hat
       sie kürzlich dankend abgelehnt, und ich komme mir im Vergleich zu ihr sehr
       weinerlich vor. Abends in die dunkle Wohnung zurückzukehren und die Türen
       zu den leeren Kinderzimmern zu öffnen, wenn Christoph mal wieder auf
       Geschäftsreise ist, hach, das ist gewöhnungsbedürftig nach 20 Jahren
       Familienzeit.
       
       ## „Ich sag mir selber guten Morgen“
       
       Kürzlich habe ich ein altes Taschenbuch aus dem Keller gekramt: „Ich sag
       mir selber Guten Morgen: Single – eine moderne Lebensform“ von Eva Jaeggi.
       Darin steht, man solle sich „die Wohnung zum Freund machen“. Bine findet
       mich voll hysterisch.
       
       „Du musst für dich nur neue Rituale basteln“, hatte Bine verkündet, „und
       die Wohnung lebendiger machen.“ Bine selbst hat bei sich zu Hause ein
       Belebungssystem installiert, das Daniel Düsentrieb vor Neid erblassen
       ließe. Wenn Bine aufwacht, ertönen im Weckradio die aktuellen Nachrichten
       von Inforadio.
       
       In der Küche geht über eine Schaltuhr die vorbereitete Kaffeemaschine an
       und blubbert los. Abends, wenn sie von der Arbeit nach Hause kommt, hat
       eine Schaltuhr im Wohnzimmer schon die kleinen chinesischen Lämpchen in
       Gang gesetzt, die Bines selbst gebastelte Traumlandschaft mit
       Herbstblättern und Spielzeugdrachen beleuchten, alles in einem großen
       Schuhkarton installiert. Bine kommt nie in eine dunkle Wohnung.
       
       Und dann erst die Einschlafrituale: Bine hat im Schlafzimmer jede Menge
       Fernsehserien auf DVD, sodass die Protagonisten von „Monk“ oder den
       „Sopranos“ allabendlich durch ihr Schlafzimmer spazieren, als wären es gute
       Bekannte oder gar Verwandte, die gerne mal vorbeikommen und Hallo sagen.
       Mit dem Vorteil, dass man diese Kontakte auf Wunsch schnell wegklicken
       kann.
       
       ## Der Zimmerbrunnen
       
       Mir kommt eine Idee. „Ich könnte doch mit einem Zimmerbrunnen anfangen“,
       sage ich, „so was habe ich schon mal im Bauhaus gesehen.“ Mit einer
       Schaltuhr getriggert, würde der Brunnen bereits plätschern, wenn ich abends
       nach Hause käme, vielleicht noch hübsch bunt beleuchtet, mit ein paar
       Pflanzen. „Und ein paar ’Tatort‘-Folgen auf DVD“, fahre ich fort, „das wäre
       auch gut so vor dem Einschlafen.“
       
       Ich könnte mit ein paar „Tatort“-Folgen aus Münster anfangen, mein Sohn
       studiert da, so bekommt man auch einen Eindruck von der Stadt. „Erst
       stellst du jetzt mal den Backofen aus“, sagt Bine streng, „ist
       Energieverschwendung. Ist doch warm genug hier.“ Stimmt auch wieder.
       
       12 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Barbara Dribbusch
       
       ## TAGS
       
   DIR Heizung
   DIR Kinder
       
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