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       # taz.de -- Kritik an Sicherheitstest in Grohnde: Geheimsache AKW-Unfall
       
       > Bei einer Katastrophenübung am Reaktor Grohnde wird die Öffentlichkeit
       > ausgeschlossen. Das stößt bei AKW-Gegnern ebenso auf Kritik wie das
       > Übungsszenario.
       
   IMG Bild: Sicherheitsrelevante Fragen: Die Anwohner des AKW Grohnde waren bei der Stabsübung zum Katastrophenschutz nicht dabei.
       
       GÖTTINGEN taz | Atomkraftgegner sind empört: Eine „Stabsübung“ zum Schutz
       vor einer Katastrophe im niedersächsischen Atomkraftwerk Grohnde lief am
       Samstag unter Ausschluss der Öffentlichkeit ab. Außerdem wurden zu einer
       Pressekonferenz der beteiligten Behörden Mitarbeiter von Umweltmagazinen
       nicht zugelassen, bemängelt Tobias Darge, Sprecher der Regionalkonferenz
       „Grohnde abschalten“.
       
       „Man will den Bevölkerungsschutz ohne Bevölkerung organisieren. Weder wird
       sie an der Übung beteiligt, noch soll sie sehen, was sie bei einer
       Katastrophe erwartet“, sagte Darge. Die Bitte, einen Vertreter der
       atomkraftkritischen Ärzteorganisation IPPNW bei der Übung als Beobachter
       zuzulassen, sei abgelehnt worden. Ihm selbst habe die Polizei den Zugang
       zum Kreishaus verwehrt und sogar gedroht, ihn festzunehmen.
       
       Die Polizei teilte mit, es dürften nur „Funktionsträger, die der
       Amtsverschwiegenheit unterliegen“, sowie vorab akkreditierte Journalisten
       an der Übung teilnehmen. Der Landrat des für Grohnde zuständigen Kreises
       Hameln-Pyrmont, Rüdiger Butte (SPD), erklärte die Nichtzulassung der
       Kritiker damit, dass es bei der Stabsübung auch um sicherheitsrelevante
       Fragestellungen gegangen sei. Ein Mitglied der Piratenpartei kündigte
       inzwischen eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Behörden an.
       
       Dutzende Mitarbeiter der Kreise Hameln-Pyrmont und Holzminden, der Polizei
       und von Hilfsdiensten hatten am Samstagvormittag im Hamelner Kreishaus
       einen GAU in Grohnde durchgespielt und das richtige Verhalten bei
       Alarmierung, Evakuierungen und Rettungseinsätzen geprobt.
       
       ## Bis zu 170 Kilometer entfernte Gebiete betroffen
       
       Der simulierte Einsatz endete an der niedersächsischen Grenze. Eine Studie
       des Bundesamtes für Strahlenschutz ergab allerdings, dass im Fall schwerer
       AKW-Unfälle noch bis zu 170 Kilometer entfernte Gebiete betroffen wären –
       im Fall von Grohnde also auch Teile von Hessen und Nordrhein-Westfalen. In
       den Wochen vor der „Stabsübung“ hatte es auch praktische Katastrophentests
       mit Statisten gegeben.
       
       Bürgerinitiativen halten das offizielle Katastrophenszenario nicht nur
       wegen der Begrenzung auf Niedersachsen für abwegig. Der
       Katastrophenschutzplan für Grohnde gehe auch davon aus, dass 50 bis 70
       Prozent der Menschen mit dem Auto flüchten, so Darge. Das bedeute im Fall
       eines schweren Unfalls „unweigerlich“ lange Staus. Der Kreis Hameln-Pyrmont
       wolle zudem Evakuierungszüge nach Hildesheim rollen lassen, doch die
       dortigen Behörden wüssten davon nichts.
       
       Ein weiterer Kritikpunkt: In Göttingen, das 66 Kilometer entfernt von
       Grohnde und damit in der so definierten „Fernzone“ liegt, sollen im
       Ernstfall in den Wahllokalen Jodtabletten an Kinder, Jugendliche und
       Schwangere ausgegeben werden. Die Pillen müssten aber erst vom Fliegerhorst
       Wunstorf beschafft und an die Lokale verteilt werden. Um das Risiko von
       Schilddrüsenkrebs zu verringern, sollen die Menschen die Tabletten aber
       mindestens fünf Stunden vor Durchzug der radioaktiven Wolke schlucken.
       
       11 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reimar Paul
   DIR Reimar Paul
       
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