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       # taz.de -- Kommentar Obamas Wahlsieg: Eindeutig gespalten
       
       > Barack Obama hat die Wahl gewonnen doch im Kongress haben die
       > Republikaner weiterhin die Mehrheit. Der knappe Vorsprung des Präsidenten
       > ist auch eine Hypothek.
       
       Barack Obama hat gewonnen – knapp, aber doch eindeutig. Die demokratischen
       Wahlstrategen haben alles richtig gemacht. Unter Demokraten überwiegt die
       Stimmung großer Erleichterung und der schwarzen Bevölkerung blieb ein
       Schlag ins Gesicht erspart – was wäre das für ein Zeichen gewesen, wenn
       jemand wie George W. Bush acht Jahre regiert und der erste schwarze
       Präsident nach einer Amtszeit nach Hause geschickt würde?
       
       Obama hat zwar die eindeutige Mehrheit der Stimmen im entscheidenden
       Electoral College, dem Wahlmännergremium. Bis auf North Carolina und
       womöglich Florida hat er alle Swing Státes gewinnen können. Landesweit aber
       hat Mitt Romney nur knapp 1 Prozent der Stimmen weniger erhalten als Obama.
       Damit behält die Blockadehaltung der Republikaner im Kongress aus ihrer
       Sicht Legitimität. Das Regieren wird kein Stück einfacher. Und: Das Land
       bleibt genauso gespalten wie zuvor.
       
       Insgesamt hat die Wahl absolut widersprüchliche Signale ausgesendet.
       Einerseits haben die Republikaner ein Riesenproblem. Romney wurde erst dann
       zum ernsthaften Herausforderer, als er sich ab der ersten Fernsehdebatte
       von nahezu allen Positionen verabschiedete, die ihm einst den Sieg bei den
       republikanischen Vorwahlen beschert hatten. Wenn eine Partei aber nur
       Kandidaten wählt, wenn sie Positionen vertreten, mit denen keine Wahlen zu
       gewinnen sind, hat sie ein Problem.
       
       Die Parteirechte wird jetzt wiederum schreien, das Romney einfach nicht
       glaubwürdig genug konservativ gewesen sei und deshalb verloren habe. Die
       Strategen werden dagegen setzen, dass die von der Tea Party gepushten
       Kandidaten jede Chance der Republikaner verspielt haben, die Kontrolle im
       Senat zu gewinnen. Und sie werden auch sagen, dass Romney besser
       abgeschnitten hätte, wenn er nicht durch diesen irrsinnigen, von Tea Party
       und religiösen Fanatikern getriebenen Vorwahlprozess hätte gehen müssen.
       Wer sich in dieser Auseinandersetzung durchsetzt, ist offen – aber das
       Ergebnis wird auch darüber entscheiden, ob mit den Republikanern im
       Kongress gearbeitet werden kann oder nicht.
       
       Die Demokraten haben den gesamten Wahlkampf darauf verwandt, Angst vor
       einer republikanischen Präsidentschaft zu schüren und ihre eigene Basis zu
       mobilisieren. Wie Obama jetzt im Wahlkampf aufgetreten ist, hatte mit dem
       Präsidenten der ersten Amtszeit, der Kompromisse suchte und zentrale
       Versprechen vernachlässigte, nicht viel zu tun. Obama steht nicht mehr zur
       Wiederwahl: Er kann versuchen, diesen Kurs beizubehalten.
       
       ## Einwanderungsreform angehen
       
       Erstes Thema, was er offensiv angehen könnte: Endlich die schon 2008
       versprochene Einwanderungsreform angehen, damit den über zwölf Millionen
       ohne gültige Papiere im Land lebenden MigrantInnen eine legale Zukunft
       angeboten werden kann. Das Thema ist auch geeignet, die republikanischen
       Reihen zu knacken: Bei ständig steigender hispanischer Wählerschicht in
       Schlüsselstaaten können sie es sich nicht mehr leisten, weiterhin nur auf
       Härte zu setzen.
       
       Vor allem aber: Ein Präsident, der nicht mehr wiedergewählt werden muss,
       könnte auf Prinzipientreue setzen, könnte den Konflikt mit dem Kongress
       suchen und gewinnen – und nicht von vornherein verloren geben wie in der
       ersten Amtszeit. Immerhin gibt es ein paar Anzeichen für einen Schwenk:
       Erstmals in der US-Geschichte wurden Referenden pro Homoehe und pro
       Migration gewonnen.
       
       Die Republikaner werden sagen, dass Obama als Präsident einer gespaltenen
       Nation für einen linksliberalen Kurs kein Mandat hat – und sie hätten sogar
       recht. Aber das hatte George W. Bush von rechts auch nie. Er hat
       vorgemacht, wie man das Land von der Präsidentschaft aus nach rechts rückt.
       Es ist höchste Zeit für einen Schwenk.
       
       Update 8.52 Uhr: In einer früheren Version des Kommentars war noch von
       einer leichten absoluten Stimmmehrheit für Romney ausgegangen worden.
       
       7 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernd Pickert
       
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