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       # taz.de -- Kuhhandel mit Grundstücken: Bürger fühlen sich verschaukelt
       
       > Berlin will den Mauerpark-Deal hinter verschlossenen Türen besiegeln. Die
       > taz veröffentlicht den Vertrag – der pikante Details enthält
       
   IMG Bild: Der Mauerpark ist für seinen Flohmarkt bekannt - aber es gibt auch Schaukeln
       
       Bevor der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses heute über die Zukunft des
       Mauerparks berät, müssen alle Gäste den Raum verlassen. Die Öffentlichkeit
       wird ausgeschlossen – über die Details des Vertrags, den das Land Berlin
       mit dem Grundstückseigentümer schließen will, soll nur hinter
       verschlossener Tür gesprochen werden. So war es gedacht – doch die taz
       veröffentlicht jetzt [1][das komplette Papier zum Download] (PDF) zusammen
       mit einer [2][Darstellung des Geschäfts] (PDF) durch die Senatsverwaltung
       für Stadtentwicklung.
       
       Es geht um den Streifen westlich des bisherigen [3][Mauerparks an der
       Grenze zwischen Wedding und Prenzlauer Berg]. Der Vertragsentwurf offenbart
       jede einzelne Regelung des Grundstücksgeschäfts. Die Grundzüge: Der
       Grundstückseigentümer – eine Tochter der österreichischen
       Aktiengesellschaft CA Immo – verkauft für 3,8 Millionen Euro den Teil
       südlich des Gleimtunnels an das Land Berlin. Der Mauerpark wird um diese
       Fläche erweitert, der Flohmarkt und die Bars an der Bernauer Straße bleiben
       erhalten. Im Gegenzug wird dem Eigentümer in Aussicht gestellt, dass im
       Norden des Grundstücks zwischen Gleimstraße und Ringbahn Wohnungen gebaut
       werden dürfen.
       
       Heiner Funken ist Vorstandssprecher der Bürgerinitiative Welt-Bürger-Park.
       Er sagt, dieser Vertrag sei „die Krönung der Unfähigkeit“. Die Bebauung im
       Norden mit 600 Wohnungen findet er „zu massiv“. Und vor allem die Kosten zu
       hoch: Das Land habe sich „über den Tisch ziehen lassen“. Berlin
       verpflichtet sich in dem Vertrag zum Beispiel auch, der Deutschen Bahn 1,5
       Millionen Euro für die Sanierung des Gleimtunnels zu bezahlen. Funken kann
       das nicht nachvollziehen, hält das für Steuergeldverschwendung und zieht
       einen Vergleich: „Bei Häusern muss der Eigentümer die Sanierung selbst
       zahlen. Da zahlt das auch nicht das Land.“
       
       Pikant ist auch Paragraf 7. Der legt fest: Wenn innerhalb der nächsten 15
       Jahre auf der erweiterten Parkfläche im Süden „eine höherwertige Nutzung“
       erlaubt wird – also etwa der Bau von Hotels oder Supermärkten –, dann
       erhält die CA Immobilien AG 75 Prozent der Wertsteigerung des Grundstücks.
       Die Vereinbarung gilt aber nur in eine Richtung. Wenn das Unternehmen auf
       seinem Teil der Fläche im Norden tatsächlich Wohnungen baut und dadurch der
       Wert seines Grundstücks steigt, erhält das Land Berlin nichts. Sprich:
       Gewinnen kann nur der Investor.
       
       In der Summe kostet der Deal für das Land 6,1 Millionen Euro. Zum
       Vergleich: Der Grundstückswert der gesamten Fläche lag im Jahr 2007 nach
       Auskunft der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung bei rund 9 Millionen
       Euro. Heiner Funken fordert, das Land solle die ganze Fläche kaufen und den
       Park so groß wie möglich machen.
       
       Kritik an dem Deal hat auch der Grünen-Abgeordnete Andreas Otto: „Berlin
       hat kein gutes Geschäft gemacht.“ Geordnete Stadtplanung sehe anders aus:
       „Erst müsste das Land beraten und beschließen, welche Nutzung es will. Dann
       müsste man im zweiten Schritt schauen, ob der Grundstückseigentümer
       mitzieht“, oder ob man ihm das Grundstück abkauft. Bisher sei es zu oft
       noch umgekehrt – die Stadtplanung richte sich an den Wünschen der
       Grundstückseigentümer aus. Otto: „Wir müssen nicht mehr jedem Investor
       hinterherrennen.“ Auch der Linkspartei-Landesvorsitzende Klaus Lederer
       kritisiert, das Land ermögliche dem Eigentümer, „durch baurechtliche
       Aufwertung Grund und Boden in Rendite zu verwandeln“.
       
       Wenn das Abgeordnetenhaus sein Okay für den Deal gibt, greift für Heiner
       Funken Plan B. „Dann kriegen die eine Klagewelle“, sagt er, „dass ihnen der
       Atem wegbleibt.“
       
       Update 1, 7. November, 11.30 Uhr: In einer früheren Version dieses Artikels
       fehlten bei dem Download des Vertragsentwurfs die letzten drei Seiten.
       Inzwischen ist das Dokument vollständig. 
       
       Update 2, 7. November, 12.30 Uhr: Jetzt liegt auch eine Stellungnahme der
       Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vor. Behördensprecherin Daniela
       Augenstein schreibt: "Es hat eine intensive Gesamtabwägung der Vor- und
       Nachteile für das Land Berlin gegeben, im Ergebnis mit einer positiven
       Bilanz für das Land Berlin. Eine isolierte Einzelbetrachtung von
       Vertragsbestandteilen ist aus diesem Grund nicht sachgerecht. Wir bitten
       auch um Verständnis, dass wir mit Rücksicht auf die nach wie vor bestehende
       Vertraulichkeit nicht auf Details im Vertrag eingehen können. Er wird
       zeitnah den Mitgliedern des Abgeordnetenhauses vorgelegt. Im Rahmen des
       Städtebaulichen Vertrags schließen Berlin und die CA Immo eine
       Abwendungsvereinbarung, um langwierige gerichtliche Auseinandersetzungen
       über den betriebswirtschaftlichen Schaden, der der CA Immo entstanden ist
       zu vermeiden. Dies ergibt sich aus der Notwendigkeit der vorzeitigen
       Grundstücksverfügbarkeit vor 2013 im Hinblick auf die vertraglichen
       Vereinbarungen mit der Allianzstiftung. Mit der Abwendungsvereinbarung wird
       einerseits die kostenlose Übertragung der für die Erweiterung des
       Mauerparks benötigten Grundstücke an Berlin und andererseits die Erstattung
       der Aufwendungen der CA Immo vereinbart. Der von CA Immo geltend gemachte
       Planungsaufwand ist insgesamt plausibel."
       
       6 Nov 2012
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://blogs.taz.de/rechercheblog/files/2012/11/mauerpark-vertragsentwurf1.pdf
   DIR [2] http://blogs.taz.de/rechercheblog/files/2012/11/mauerpark-senstadt.pdf
   DIR [3] http://goo.gl/maps/mVuow
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sebastian Heiser
   DIR Sebastian Heiser
       
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