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       # taz.de -- Orbán unterliegt vor dem EU-Gerichtshof: Illegale Säuberungsaktionen
       
       > Ungarns Regierung darf Richter und Staatsanwälte nicht vorzeitig in den
       > Ruhestand schicken. Das sei eine ungerechtfertigte Altersdiskriminierung.
       
   IMG Bild: Der Europäische Gerichtshof ist nicht damit einverstanden, wie Ungarns Premier Viktor Orbán versucht, seine Macht abzusichern.
       
       BRÜSSEL taz | Der Europäische Gerichtshof hat dem ungarischen Premier
       Viktor Orbán einen Strich durch die Rechnung gemacht: Orbán darf nicht
       Tausende Richter und Staatsanwälte vorzeitig in den Ruhestand schicken. Die
       Regierung in Budapest wollte die Juristen zwingen, statt wie bisher mit 70
       Jahren mit 62 Jahren in Pension zu gehen. Diese Rechtsvorschrift verstoße –
       laut dem Urteil aus Luxemburg – gegen EU-Recht und sei eine „nicht
       gerechtfertigte Diskriminierung aufgrund des Alters“.
       
       „Das Urteil des Gerichtshofs bestätigt die Analyse der Europäischen
       Kommission: Die Zwangspensionierung verstößt gegen EU-Recht. Ungarn muss
       jetzt so schnell wie möglich seine Rechtsvorschriften ändern“, sagte die
       für Bürgerrechte zuständige EU-Kommissarin Viviane Reding. Sie hatte die
       Klage gegen Ungarn im Mai angestrengt.
       
       Die Kommission und wohl auch die Richter vermuten, dass Orbán die Richter
       nicht wegen ihres Alters in den Ruhestand schicken will, sondern die frei
       gewordenen Posten mit regimetreuen Juristen besetzen wird.
       
       Auf ähnliche Weise hat Orbán kritische Journalisten im
       öffentlich-rechtlichen Rundfunk durch Unterstützer seiner Regierung
       ersetzen lassen. Auch viele Posten in der Kultur wurden in den vergangenen
       Monaten neu besetzt.
       
       Budapest hatte die Änderung der Pensionsordnung damit begründet, ein
       einheitliches Rentenalter im öffentlichen Dienst einführen zu wollen. Die
       Richter in Luxemburg wiesen in ihrem Urteil aber auf einen Widerspruch hin:
       Die Orbán-Regierung habe zugleich beschlossen, das allgemeine
       Ruhestandsalter ab 2014 schrittweise von 62 auf 65 Jahre anzuheben.
       
       ## Weitere Verurteilungen drohen
       
       Dies deute darauf hin, dass die Interessen der betroffenen Juristen nicht
       ausreichend berücksichtigt worden seien. Es gäbe auch keine
       Übergangsregelungen.
       
       Die ungarische Regierung muss nun die Bestimmungen entsprechend ändern.
       Sonst kann die EU Bußgelder verhängen. Das Urteil könnte das erste in einer
       Reihe von Verfahren gegen Orbáns Regierung sein.
       
       Die EU-Kommission hat ebenfalls dagegen geklagt, dass die Regierung die
       Kontrolle über den ungarischen Datenschutzbeauftragten übernommen hat, die
       bisher beim Parlament lag. Auch eine Diskriminierung ausländischer
       Unternehmen durch Sondersteuern will die Kommission nicht hinnehmen.
       
       6 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ruth Reichstein
       
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