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       # taz.de -- Opposition in Kuwait: Demonstrieren verboten
       
       > Zehntausende gehen in Kuweit trotz Verbot auf die Straße und fordern die
       > Rücknahme eines neuen Wahlgesetzes. Am 1. Dezember wird ein neues
       > Parlament gewählt.
       
   IMG Bild: Mit Tränengas und Blendgranaten lösten Sonderheiten der kuwaitischen Polizei die Demo auf
       
       ISTANBUL taz | Die politische Krise in Kuwait verschärft sich. Mit
       Tränengas und Blendgranaten ging die Polizei am Sonntagabend gegen eine
       Demonstration der Opposition vor, die eine Rücknahme der kürzlich
       beschlossenen Wahlrechtsreform fordert. Mehrere Demonstranten wurden nach
       Angaben der Opposition verhaftet.
       
       Da Spezialeinheiten die beiden geplanten Versammlungsorte großräumig
       abgeriegelt haben, verlegte die Opposition den Protestzug in das rund 20
       Kilometer von der Hauptstadt Kuwait-Stadt entfernte Mischref. Obwohl die
       Polizei die Straßen nach Mischref ebenfalls sperrte und gegen die
       Demonstranten vorging, gelang es mehreren Tausend von ihnen, die Blockade
       zu durchbrechen. Rund eine halbe Stunde lang besetzten sie eine
       Schnellstraße, dann lösten die Opposition ihren Protestzug freiwillig auf.
       Sie hätten ihre Botschaft übermittelt, dass sie jegliche Verletzung der
       Verfassung ablehnten, erklärten die Organisatoren auf ihrem Twitter-Account
       „Würde der Nation“.
       
       Es war die dritte Massendemonstration seit dem 21. Oktober. Die Opposition
       will mit den Protesten die von Emir Scheich Sabah al-Ahmad al-Jaber al
       Sabah erlassene Wahlrechtsänderung zu Fall bringen. Am 1. Dezember wird in
       Kuwait ein neues Parlament gewählt. Gemäß dem neuen Wahlrecht haben die
       Wählerinnen und Wähler jedoch nur noch eine statt wie bisher vier Stimmen.
       Dadurch sehen sich die Oppositionellen aus vornehmlich sunnitischen
       Islamisten und konservativen Stammesvertretern benachteiligt. Sie hatten
       die letzten vorgezogenen Neuwahlen im Februar haushoch gewonnen. Dann hatte
       das Verfassungsgericht den Wahlgang jedoch überraschend annulliert und der
       Emir löste das Parlament auf.
       
       Kuwait ist der einzige Golfstaat mit einem gewählten Parlament, allerdings
       beschränkt sich dessen Macht darauf, Minister durch Befragungen in
       Bedrängnis zu bringen. In den vergangenen sechs Jahren hat dies zum
       Rücktritt von zahlreichen Regierungen und zu Neuwahlen geführt.
       
       ## Kritische Kandidaten verhindern
       
       Die Oppositionellen glauben nun, dass das Herrscherhaus über das neue
       Wahlrecht weniger kritischen Kandidaten zum Sieg verhelfen will.
       Regierungstreue Medien verunglimpfen die Proteste dagegen als eine
       Verschwörung der Muslimbrüder, denen etliche Oppositionelle nahestehen.
       
       Tatsächlich nährt sich der Erfolg der Opposition aber aus der allgemeinen
       Unzufriedenheit in dem Golfstaat über die grassierende Korruption und den
       wirtschaftlichen wie politischen Stillstand. Diesen kann das Herrscherhaus
       mittlerweile auch nicht mehr durch seine hohen Erdöleinnahmen und die damit
       finanzierte Rundumversorgung der Bürger besänftigen.
       
       Mitte Oktober wagte es der prominente ehemalige Abgeordnete Musallem
       al-Barak sogar, gegen ein ungeschriebenes Gesetz zu verstoßen, indem er den
       Emir öffentlich kritisierte. Die Opposition werde nicht zulassen, dass der
       Emir Kuwait in den Abgrund einer Autokratie führe, sagte Barak auf einer
       Protestversammlung. Barak selbst und drei weitere Exabgeordnete wurden
       verhaftet. Sie wurden zwar inzwischen wieder freigelassen, müssen sich
       jedoch wegen „Unterminierung der Stellung des Emirs“ vor Gericht
       verantworten. Zudem sind Versammlungen von mehr als 20 Personen
       mittlerweile verboten.
       
       In einem Versuch, den schwelenden Konflikt im Vorfeld der Wahlen zu
       entschärften, empfing der Emir am späten Sonntagabend vier
       Oppositionspolitiker. Laut dem ehemaligen Abgeordneten Khaled Sultan würde
       sich der Herrscher einem Urteil des Verfassungsgerichts beugen, sollte dies
       seine Wahlrechtsänderung zu Fall bringen. „Wir haben dem Emir gesagt, dass
       die Lage sehr gefährlich ist“, teilte Sultan mit. Der einzige Ausweg sei
       die Rücknahme des Gesetzes.
       
       5 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Inga Rogg
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