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       # taz.de -- Streit um digitale Verkäufe von Musik: Eminem und Universal schweigen
       
       > Wie werden digitale Verkäufe von Songs bewertet? Um diese
       > Millionen-Dollar-Frage streitet die Industrie. Eminem hätte für ein
       > Grundsatzurteil sorgen können.
       
   IMG Bild: Hat sich mit Universal geeinigt: Eminem.
       
       Als Rapper ist Eminem zwar ein Schnellsprecher, aber momentan gibt er sich
       recht wortkarg. Nicht einmal die für seine Fans so freudige Nachricht, dass
       er in absehbarer Zeit ein neues Album herausbringen wird, verkündete er in
       einem Interview oder einem Videostatement. Stattdessen ist im Online-Shop
       [1][auf seiner Website] neuerdings ein „Eminem Baseball Tribute Hat“ zu
       erwerben: Auf der Baseball-Kappe sind die Erscheinungsjahre aller
       Eminem-Alben aufgeführt und die Liste endet mit „2013“. Findige Anhänger
       schlossen messerscharf: Album Nummer Acht erscheint im kommenden Jahr.
       
       Auch zu einer anderen Angelegenheit, die nicht nur Eminem-Fans, sondern die
       ganze Musikindustrie erschüttern könnte, äußert sich der 40-jährige
       Wortakrobat aus Detroit nicht offiziell. Vor wenigen Tagen wurde bekannt,
       dass ein Rechtsstreit um Einnahmen aus digitalen Verkäufen von Eminem-Songs
       außergerichtlich beendet wurde. Die von dem Verfahren erwartete
       Grundsatzentscheidung blieb damit aus, das Zittern bei den Plattenfirmen
       geht weiter.
       
       Nicht Eminem selbst, sondern einige seiner frühen Produzenten hatten
       Aftermath Records, ein Sub-Label des Branchenführers Universal Music,
       verklagt. Die Produktionsfirma FBT forderte höhere Tantiemen aus den
       digitalen Verkäufen. Die entscheidende Frage, die das Gericht dabei hätte
       klären müssen: Wie werden nichtphysische Verkäufe eines Songs in
       Download-Shops wie iTunes oder als Klingeltöne bewertet?
       
       Wie herkömmliche CD- oder Vinyl-Verkäufe, bei denen die Künstler
       üblicherweise zehn bis 20 Prozent vom Ladenpreis bekommen? Oder wie eine
       Lizensierung für Werbung, von denen den Kreativen gewöhnlich 50 Prozent
       zustehen?
       
       ## Problem Altverträge
       
       In einem ersten Verfahren 2009 entschied ein Gericht zugunsten von
       Universal, das die digitalen Umsätze von Eminem wie gewöhnliche Verkäufe
       behandelt hatte. Ein Jahr später allerdings entschied eine höhere Instanz
       zugunsten der Kläger: FBT Productions stünde die Hälfte der Einnahmen zu.
       
       In neueren Verträgen zwischen Musikern und Plattenfirmen ist die Verteilung
       der digitalen Profite natürlich eindeutig definiert. Das gilt aber nicht
       für das Gros der Abmachungen, die geschlossen wurden, bevor das
       Online-Geschäft Ende der Neunziger Jahre substantielle Ausmaße erreichte.
       Für diese Altverträge sollte das Eminem-Verfahren eigentlich zum
       Präzedenzfall werden, denn längst haben viele andere renommierte Musiker
       ähnliche Klagen eingereicht, darunter Kenny Rogers, James Taylor, Weird Al
       Yankovic, Chuck D, Toto, Sister Sledge, The Temptations und Rob Zombie.
       
       ## Gang vor Gericht vermeiden
       
       Mit dem außergerichtlichen Vergleich, über dessen Einzelheiten beide Seiten
       Stillschweigen vereinbart haben, wird dieses Grundsatzurteil nun vorerst
       verschoben, bis es in einem der anderen Fälle tatsächlich zu einem
       Gerichtsprozess kommt und ein Richter eine Entscheidung fällt. Dann
       allerdings könnten erhebliche Nachzahlungen auf die Plattenfirmen zukommen:
       FBT Productions bezifferten ihre Forderungen an Universal, bevor der
       geheime Vergleich geschlossen wurde, auf ungefähr 1,5 Millionen Dollar.
       
       Kein Wunder, dass die Entertainment-Größe den Fall lieber außergerichtlich
       beilegte. Auch die Konkurrenz von Sony hat sich schon vor einigen Monaten
       dazu durchgerungen, einigen ihrer Künstler insgesamt acht Millionen Dollar
       auszuzahlen, um einen Gang vor Gericht zu vermeiden.
       
       Nicht bekannt ist es, ob in Deutschland ähnliche Verfahren anhängig sind.
       Allerdings ist die Rechtslage auch nicht identisch mit der in den USA.
       Hierzulande treten die Musiker die Verwertungsrechte selten länger als 15
       Jahre an die Plattenfirmen ab. Die allermeisten Verträge, in denen die
       digitale Verwertung noch nicht explizit geregelt wurde, dürften also
       bereits ausgelaufen sein.
       
       3 Nov 2012
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.eminem.com/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Thomas Winkler
       
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