# taz.de -- Kommentar EU-Haushalt: Der geführte Premierminister
> Bisher hat David Cameron das Dilemma britischer Konservativer bei der
> Europapolitik umschifft. Doch nun kommt er daran nicht mehr vorbei.
Für Großbritanniens Konservative ist Europa ein Minenfeld. Während der
EU-Mainstream europäische Integration als Weg zu mehr Zusammenhalt, also
mehr Stabilität begreift und dies ideologisch begründet, sieht die rechte
britische Mehrheitsmeinung darin eher eine Destabilisierung des komplexen
europäischen Interessengleichgewichts und damit einen sicheren Weg zu mehr
Konflikten. Sie verweist zur Begründung auf Europas Geschichte.
Der Zwiespalt zwischen dieser Sicht der Dinge und der Notwendigkeit, in
Europa auf Augenhöhe mitzureden, ist ein Grunddilemma für jeden
Konservativen, der in London Regierungsverantwortung übernimmt. David
Cameron hat, seit er 2005 Parteichef wurde, diese Frage elegant umschifft,
indem er sie ignorierte. Aber spätestens seit er 2010 eine Koalition mit
den EU-freundlichen Liberalen einging, kommt er daran nicht mehr vorbei,
weil die eigene Partei zu Recht von ihm eine klare Haltung verlangt.
In Ermangelung dessen geben die Konservativen nun immer öfter eine eigene
Antwort: Großbritannien soll sich von Europas Turbulenzen weitestmöglich
fernhalten. Soll die Eurozone sich doch zusammenschließen, wenn sie das vor
dem Untergang rettet; wichtig ist, dass Großbritannien mit Europas
wichtigstem Finanzplatz London da nicht hineingezogen wird.
David Cameron stellt sich manchmal hinter diese Meinung, etwa bei seinem
Veto gegen eine EU-weite Fiskalunion Ende 2011. Aber er stellt sich eben
dahinter, nicht davor. Er wird europapolitisch von seiner Partei geführt,
statt sie zu führen. Das ist zwar demokratisch, aber spätestens jetzt, wo
Cameron damit sogar die eigene Parlamentsmehrheit verliert, müsste ihm
auffallen, dass er dabei als Erster unterzugehen droht.
1 Nov 2012
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DIR Dominic Johnson
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