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       # taz.de -- Frankreich erhöht Biersteuer: Bier in Paris bald noch bitterer
       
       > Um die Sozialversicherung zu sanieren, erhöht die französische Regierung
       > die Steuern auf den Gerstensaft um 160 Prozent. Brauer und Trinker
       > begehren auf.
       
   IMG Bild: Das Lachen vergeht wahrscheinlich bald auch den Zechern der Bartträgermeisterschaft im französischen Mulhouse.
       
       PARIS taz | Frankreichs Regierung will mit höheren Steuern auf Bier und
       Energie-Drinks sein marodes Sozialversicherungssystem sanieren. Allein
       durch die Erhöhung der Biersteuer um 160 Prozent sollen pro Jahr zusätzlich
       bis 480 Millionen Euro in die Kassen fließen – falls die Verteuerung nicht
       zum Einbruch beim Konsum führt. Im vergangenen Jahr setzten die Bierbrauer
       im Land rund zwei Milliarden Euro um.
       
       Der Aufschrei ist groß: Die beiden bekannten Schauspieler Charles Berling
       und François Berléand, beide vor der Wahl noch für Präsident François
       Hollande, klagten öffentlich mit einem Humpen in der Hand, ob der
       Preisaufschlag nicht vielleicht bald „die Bitterkeit des letzten Schlucks
       Bier“ erhöhen werde. Und: „Wehren wir uns, bevor es zu spät ist!“ Immerhin:
       Kleinen lokalen Brauereien soll die zusätzliche Abgabenlast erspart werden.
       
       Die Nationalversammlung hat die Erhöhung der Biersteuer bereits in erster
       Lesung gebilligt. Letzte Hoffnung für Brauer und Trinker: Der Senat, der
       immerhin viele Liebhaber des blonden Gebräus haben soll.
       
       Seit Tagen wird spekuliert, um wie viel teurer das Glas Bier ab 2013 an der
       Theke wird. Da die Abgabe pro Hektoliter und je nach Alkoholgehalt
       abgestuft kalkuliert wird, kamen manche nach dem zweiten oder dritten Glas
       bei ihren Kopfrechnungen ins Fabulieren. Im Internet jammerten bereits
       einige, das Bier werde künftig das Doppelte kosten. „In Wirklichkeit macht
       der Zuschlag nicht mehr als einen Centime pro Glas aus“, versicherte
       dagegen in einer Parlamentsdebatte ein Vertreter der sozialistischen
       Regierungspartei, Jean-Marc Germain.
       
       ## Schwarze Zukunft für Brauereien
       
       „Völlig falsch und aus der Luft gegriffen“, widersprach der Brauerverband
       Association des Brasseurs de France (ABF): „Im Café kostet ein Glas Bier an
       der Bar heute 2,60 Euro. Hier wird die Teuerung 25 bis 40 Centime betragen.
       Und im Supermarkt steigt der Preis für einen Kasten mit 26 Flaschen Bier
       von rund 10 auf 11,72 Euro.“
       
       Die Brauer sehen schwarz für ihre Zukunft: Der Bierverbrauch ist in
       Frankreich seit Jahren rückläufig. Als 1997 zum letzten Mal die staatliche
       Abgabe erhöht wurde, sank der Konsum um sieben Prozent. 3.500 Jobs stehen
       angeblich auf dem Spiel.
       
       Weit weniger Proteste gab es bisher wegen der absehbaren Verteuerung von
       Energy-Drinks wie Red Bull. Diese werden vor allem von Jugendlichen
       geschätzt, sind aber wegen der vermuteten Risiken ohnehin in der Kritik,
       vor allem, da die koffeinhaltigen Getränke häufig mit Alkohol gemixt
       werden. Erst auf Druck der EU waren sie 2008 für den Verkauf zugelassen
       worden.
       
       Heftige Proteste haben dagegen bereits Frankreichs Wirte angekündigt: Wenn
       die Linksregierung ihre Drohung wahr mache und die erst gerade von 19,6 auf
       7 Prozent gesenkte Mehrwertsteuer für die Gastronomie auf 12 Prozent
       anhebe, dürfte es zu einer Revolte kommen. Eine Untersuchung hatte vor
       Kurzem ergeben, die Gastbetriebe hätten ihr Versprechen, die Preise zu
       senken und mehr Leute einzustellen, nicht gehalten.
       
       31 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rudolf Balmer
       
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