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       # taz.de -- Kommentar Abtreibung Polen: Kriminell in Gottes Namen
       
       > Die EU verdonnert Polen zu einer Strafe, weil einer Vergewaltigten die
       > Abtreibung verweigert wurde. Doch der Klerus setzt sich darüber hinweg.
       
       Wieder wurde Polen in Straßburg verurteilt. Wieder hat der polnische Staat
       die Menschenrechte von Frauen verletzt. Offensichtlich sind Ärzte,
       Geistliche, Staatsanwälte und Richter in Polen taub und emotional völlig
       abgestumpft, wenn es um das Lebensrecht von Frauen geht.
       
       Was ist eigentlich so schwer daran, ein Gesetz zu befolgen, das ganz klar
       sagt, dass eine Frau das Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch hat, wenn
       sie vergewaltigt wurde? Im Fall von Agata ging es noch dazu um ein
       14-jähriges Mädchen.
       
       Die Schuld für das Trauma, das Agata und ihre Mutter wohl noch lange
       verfolgen wird, liegt ganz klar bei der katholischen Kirche Polens. Die
       Priester sind es, die immer wieder „im Namen Gottes“ zum Rechtsbruch
       aufrufen. Sie stellen das Lebensrecht des Ungeborenen eindeutig über das
       Lebensrecht von Frauen und Mädchen.
       
       Obwohl der Gesetzgeber in Polen einer vergewaltigten Frau das Recht auf
       einen Schwangerschaftsabbruch einräumt, behaupten die Priester, es würde
       sich dabei um die „Tötung eines Kindes“ oder sogar um „Mord“ handeln.
       „Schuldig“ würden sich nicht nur die vergewaltigen Frauen machen, die von
       dem ihnen zustehenden Recht Gebrauch machen wollten, sondern auch Ärzte,
       Krankenschwestern, Staatsanwälte, die den Opfern von Männergewalt helfen.
       
       Es führt kein Weg daran vorbei: Will der polnische Staat nicht riskieren,
       alle paar Monate erneut von Straßburg wegen der Verletzung von
       Menschenrechten zu hohen Geldstrafen verurteilt zu werden, muss er die
       Kleriker endlich an die Kandare nehmen. Es geht nicht an, dass Priester und
       Bischöfe permanent straffrei zum Rechtsbruch aufrufen und dabei auch noch
       die Opfer von männlichen Gewaltexzessen als „Kindesmörderinnen“ diffamieren
       oder gar mit den Nazi-Schergen von Auschwitz vergleichen.
       
       Eine Geldstrafe für jeden Aufruf zum Rechtsbruch wäre angemessen, gekoppelt
       mit der Ermahnung: Menschenrechte gelten auch für Frauen!
       
       31 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gabriele Lesser
       
       ## TAGS
       
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