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       # taz.de -- Journalisten-Streik: Nachrichten-Stopp in Griechenland
       
       > Aus Protest gegen die Rentenreform treten griechische Journalisten in
       > einen 24-stündigen Streik.
       
   IMG Bild: Immer wieder gehen die Griechen gegen Sparmaßnahmen auf die Straße. Diesmal sind es die Journalisten.
       
       ATHEN taz | Immer wieder berichten die Journalisten in Griechenland über
       die nicht enden wollenden Sparmaßnahmen. Heute sind sie selbst zum
       Gegenstand der Berichterstattung geworden: Aus Protest gegen die
       Rentenreform der griechischen Regierung legen alle Pressevertreter ihre
       Arbeit für mindestens 24 Stunden nieder. Und drohen mit weiteren Aktionen –
       möglicherweise sogar mit einem Dauerstreik, heißt es bei so manchen
       Gewerkschaftsvertretern.
       
       Der Grund für den Journalistenstreik: Etap-MME, die bisher eigenständige
       und finanziell kerngesunde Kranken- und Rentenkasse der griechischen
       Journalisten, die allerdings vom Staat über ein kompliziertes
       Steuerumverteilungsinstrument mitfinanziert wird, soll ab sofort in den
       größten Versicherungsträger des Landes, EOPPY, eingegliedert werden.
       
       „Ausgerechnet EOPPY“, ärgern sich die Pressevertreter: Monatelang haben sie
       mit der gebührenden Distanz über den maroden staatlichen
       Sozialversicherungsverband berichtet. Ebenso wie über seine Versicherten,
       die bei Ärzten nur noch gegen Vorkasse behandelt werden und auch
       lebenswichtige Medikamente nur gegen Bares geliefert bekommen.
       
       ## Prekäre Journalisten
       
       „Diese Fusion ist ein Kriegsgrund für alle Arbeitnehmer im Bereich Presse“,
       klagt der Vorsitzende der Athener Journalistengewerkschaft Esiea, Dimitris
       Trimis. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs für Journalisten, die schon
       zu Wohlstandszeiten nicht gerade üppig bezahlt wurden und seit Ausbruch der
       Schuldenkrise in prekäre Beschäftigungs- und Lebensverhältnisse gezwungen
       worden sind.
       
       Normalverdiener mussten vielerorts Einkommenskürzungen von mindestens 20
       Prozent hinnehmen – bei gleichzeitiger Intensivierung der Arbeitszeit und
       Streichung der Wochenendzulagen. Besserverdienende müssen in der Regel mit
       höheren Einschnitten rechnen. Sonst droht die Arbeitslosigkeit.
       
       Flaggschiffe des griechischen Journalismus wie etwa das führende
       linksliberale Meinungsblatt Eleftherotypia oder die alte Tante des
       rechtskonservativen Journalismus Apogevmatini mussten bereits in den
       vergangenen drei Jahren Konkurs anmelden, ebenso wie der Athener TV-Sender
       „Alter“, der früher einmal zu den größten griechischen Arbeitgebern im
       Medienbereich gehört hatte, nun aber seit Monaten nur noch ein Testbild
       sendet.
       
       ## Mitschuld am Niedergang?
       
       „Wacht auf, unser Volk krepiert, unsere Demokratie gerät in Gefahr, und wir
       müssen mit einer langen Streikrunde antworten“, empört sich der Athener
       Journalistenveteran Jannis Mamouzelos am Mittwoch in einem Medienblog. Seit
       Monaten kommt es immer wieder zu 24-stündigen Streiks aus Protest gegen das
       Sparprogramm, zu denen die Pressegewerkschaften aufrufen. Radikale
       Gewerkschaftsvertreter plädieren sogar für einen Dauerstreik, der
       Politikern ihr liebstes Gut wegnimmt – nämlich ihre Berühmtheit.
       
       Kritiker verweisen aber auch darauf, dass viele Medien den wirtschaftlichen
       Niedergang zumindest mitverschuldet haben, etwa weil sie allzu leicht in
       Abhängigkeit von politischen oder wirtschaftlichen Interessen gerieten.
       
       Vielleicht wäre es auch einmal höchste Zeit, über die „heiligen Kühe“ des
       Journalismus in Griechenland zu sprechen, über die niemand so gern redet:
       über Pressevertreter etwa, die parallel zu ihrem Journalistenjob in
       Pressebüros von Politikern und Interessenverbänden tätig sind (was
       angesichts ihres Niedrigstlohns auch kein Wunder ist). Oder über politisch
       genehmen Journalisten, die nach einem Regierungswechsel plötzlich eine
       Sendung im Staatsfernsehen bekommen.
       
       31 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jannis Papadimitriou
       
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