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       # taz.de -- Bond-Produzentin über 007: „Eine eher tragische Figur“
       
       > Barbara Broccoli produziert die Bond-Filme. Ein Gespräch über die
       > Herausforderung, James Bond ins Heute zu holen, Productplacement und die
       > Feinde der Feinde.
       
   IMG Bild: Mehr Schatten als Licht: Daniel Craig als James Bond.
       
       taz: Frau Broccoli, auch nach 50 Jahren und 23 Filmen, nach Höhen, Tiefen,
       trotz auch schwacher Filme und schlimmer Kritiken, ist die Premiere eines
       Bond-Films immer noch ein popkulturelles Großereignis. Wie gut fühlt sich
       das an? 
       
       Barbara Broccoli: Schon sehr gut, natürlich. Die Leute haben zu Bond ein
       sehr persönliches Verhältnis, jeder hat seinen Lieblingsfilm und
       Erinnerungen an einen Kinobesuch, mit der Familie oder einer Freundin oder
       so. Das ist eine sehr starke, bemerkenswerte emotionale Beziehung, und mich
       freut das sehr, daran beteiligt zu sein.
       
       Wie man in „Skyfall“ sieht, hat sich trotz aller Traditionen aber auch
       einiges in der Welt von 007 geändert. Statt der Gadgets früherer Tage
       bekommt Bond diesmal nur eine alte Walther PPK und einen etwas ärmlichen
       Funkpeilsender. 
       
       Man darf nicht vergessen, aus welcher Zeit Bond ursprünglich stammt. Da gab
       es keine Handys und nur wenige Computer. Heute sind technische Gadgets
       überall. Ein Aspekt von „Skyfall“ ist, dass man bei aller Technisierung
       letztlich immer und immer noch auf entschlossene, mutige Individuen
       angewiesen ist. James Bond verkörpert das archetypisch.
       
       Zu Roger-Moore-Zeiten war 007 ein lässiger Geheimdienst-Lebemann, Daniel
       Craigs Bond muss sich quälen, ohne Schampus und viele schöne Frauen. Tut
       Ihnen Craig da nicht auch ein bisschen leid? 
       
       Bond ist eine klassische Figur, aber er muss in der Jetztzeit leben. Craigs
       Bond ist eine eher tragische Figur: In „Casino Royale“ verliert er die
       große Liebe, die sich auch noch als Doppelagentin entpuppt, da und bei
       seinem Rachefeldzug in „Ein Quantum Trost“ wird ihm klar, dass er kein
       normales Leben mit Frau und Familie führen wird. Da passt es nicht, lässig
       an einen Pool voller begehrlich guckender Schönheiten zu gehen. Bei Roger
       war das anders, da ging es um Luxus und Konsum, da lebte man in einer
       hübschen Seifenblase voller extravaganter Vergnügungen. Aber diese Blase
       ist geplatzt. Aids, das Ende des Kalten Kriegs, der 11. September, die
       Finanzkrise, das alles hat Bond verändert. Die Bond-Filme sind immer auch
       Popkultur-Dokumente, die den Geist, die Stimmungen der jeweiligen Zeit
       wiedergeben.
       
       Im Rückblick ist das nicht ohne Irritationen – in „Der Hauch des Todes“
       (1987) kämpft 007 mit afghanischen Mudschaheddin gegen sowjetische
       Soldaten. Da zuckt man heute etwas zusammen. 
       
       Ich weiß, was sie meinen, der von Art Malik gespielte afghanische
       Stammesführer, der 007 hilft, ist ja quasi eine Bin-Laden-Figur. Für den
       Film hat das damals gepasst: Der Feind meines Feindes ist mein Freund, die
       Amerikaner hatten ja die Mudschaheddin gegen die Russen unterstützt. Heute
       weiß man, wohin das geführt hat.
       
       Sie haben vorhin von Konsum gesprochen … 
       
       Sie wollen jetzt mit mir über Alkohol in „Skyfall“ reden, oder?
       
       Eigentlich nicht. Obwohl man sich schon um Judi Denchs M sorgt, weil sie
       immer eine halbvolle Flasche Scotch in Reichweite hat und ihr Vorgesetzter
       ihr schon am Vormittag im Büro ein Glas voll macht. Hat M ein
       Alkoholproblem? 
       
       Nein, das wohl nicht. Ich glaube, das ist ein eher ironischer Kommentar: M
       arbeitet in diesem Altherren-Club mit dunklen Holzvertäfelungen und teurem
       Whisky. Aber sie kann locker mit den Kollegen mithalten.
       
       Was ich eigentlich fragen wollte – gerüchteweise haben Sie bei „Skyfall“
       durch Productplacement und Sponsoring 45 Millionen Dollar eingenommen.
       Stimmt das so?
       
       Nein. Wir haben langjährige Beziehungen mit einigen ausgewählten
       Productplacement-Partnern, das sind nicht viele, die sollen auch zu einem
       007-typischen Lebensstil passen. Dazu kommen dann weitere Verträge, bei
       denen Firmen mit Bond werben, aber nicht unbedingt im Film auftauchen. Im
       Zusammenhang mit „Skyfall“ gibt es eine globale Werbekampagne einer
       Brauerei im Wert von 75 Millionen Dollar. Aber das sind die Kosten der
       Kampagne, kein wirkliches Geld und erst recht keines, das an die Produktion
       gegangen wäre. So funktioniert das nicht.
       
       Noch ein Gerücht: Angeblich kommt ab 2014 ein Bond-Zweiteiler ins Kino.
       Möchten Sie das bestätigen? 
       
       Nein, es gibt noch keine konkreten Pläne. Wir haben „Skyfall“ aber auch
       erst am 8. Oktober fertig gestellt. Wahrscheinlich werden wir im Januar
       anfangen, uns Gedanken über den nächsten Film zu machen. Ich weiß, dass es
       schon viele Gerüchte gibt, aber das sind momentan wirklich nur Ratespiele
       und Mutmaßungen.
       
       Haben Sie und Michael G. Wilson je darüber nachgedacht, aus dem
       Bond-Geschäft auszusteigen? Die 007-Rechte zu verkaufen und nur noch andere
       Dinge zu machen, mehr Musicals zum Beispiel? 
       
       Wir lieben unsere Arbeit, die ist auch immer sehr spannend. Ich habe
       deswegen ein wirklich schönes Leben gehabt und nebenbei ja auch eine
       Familie gegründet und Kinder großgezogen. Und, ja, ich habe auch ein paar
       Musicals gemacht. Ich hatte ja immer auch andere Ideen und wollte jenseits
       von 007 auch andere Projekte und andere Filme machen, doch dafür hatte ich
       zwischen Bond und Familie nie die Zeit. Aber jetzt sind meine Kinder aus
       dem Haus, vielleicht komme ich jetzt dazu, noch mehr und anderes zu machen.
       
       1 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Thomas Klein
       
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