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       # taz.de -- San Francisco ist US-Baseball-Meister: Bäriger Matchwinner
       
       > In der Baseball-World-Series gewinnen die San Francisco Giants gegen
       > Detroit mit 4:0 Spielen – vor allem dank „Kung Fu Panda“ Pablo Sandoval.
       
   IMG Bild: Freudentränen beim Matchwinner: Sandoval nach dem Sieg in Spiel vier.
       
       Pablo Sandoval und Prince Fielder sind leicht zu verwechseln. Beide sind
       1,80 groß, wiegen mehr als 120 Kilo und haben dafür die Kraft, einen
       Baseball sehr hart und sehr weit zu schlagen. Die eher pummlige Statur, ein
       gemütliches Wesen und eine Menge Home Runs haben sowohl Fielder als auch
       Sandoval zu Publikumslieblingen gemacht.
       
       Nun aber, nach dem klaren Erfolg der San Francisco Giants in der World
       Series gegen die Detroit Tigers, muss man feststellen: Die beiden hatten
       zwar vergleichbare Voraussetzungen, aber der eine ist aktuell der Depp und
       der andere der Held.
       
       Vier Spiele nur dauerte diese World Series, alle gewann San Francisco. Das
       letzte mit 4:3 im ersten Extra-Inning in Detroit vor 42.000 Zuschauern, die
       am Schluss so still waren, dass die Freudenrufe der feiernden Giants durchs
       riesige Stadion hallten wie durch eine Leichenhalle.
       
       Dass die Serie eine solch klare Angelegenheit wurde, war eine große
       Überraschung. War San Francisco doch als Außenseiter in die Endspiele
       gegangen, auch weil Detroit im Halbfinale die New York Yankees, immer noch
       der Krösus der Liga, deklassiert hatte. Doch im Finale trafen die Tigers
       kaum noch einen Ball, allen voran Fielder. Kaum jemand sonst schwingt den
       Schläger so kraftvoll wie der 28-Jährige, aber ausgerechnet in der World
       Series gelang ihm bei 14 Gelegenheiten nur ein einziger Hit. Damit wurde
       Fielder zum Symbol für eine Tigers-Offensive, die zum ungünstigsten
       Zeitpunkt außer Form geriet.
       
       ## Drei Home Runs in einem Spiel
       
       Genau anders herum lief es bei Sandoval und den Giants. Das Team gilt als
       vor allem defensivstark, aber produzierte immer gerade so viele Punkte, wie
       es nötig war. Für die wenigen spektakulären Momente im Angriff sorgte der
       26-jährige Sandoval: Gleich im ersten Spiel gegen Detroit beförderte er den
       Ball dreimal über den Zaun. Damit trug sich der aus Venezuela stammende
       Profi in die Geschichtsbücher ein. Drei Home Runs in einem Spiel, das war
       in der seit 1903 ausgetragenen World Series zuvor erst drei Spielern
       gelungen: Reggie Jackson, Albert Pujols und der Legende Babe Ruth sogar
       zweimal, 1926 und 1928.
       
       Dass sich ausgerechnet Sandoval in solch eine illustre Liste eintragen und
       dafür zum wertvollsten Spieler der Endspielserie gewählt werden würde, war
       nun wirklich nicht zu erwarten. „Mann, ich kann es nicht glauben“, fand
       auch Sandoval selbst in seinem hingemurmelten, kaum zu identifizierenden
       Englisch, „ich muss träumen.“
       
       Schließlich kämpft er seit Jahren mit seinem Gewicht und schleppt sich
       immer etwas schwerfällig übers Spielfeld. Als die Giants vor zwei Jahren
       die World Series gewannen, wurde Sandoval nach dem ersten Spiel auf die
       Bank gesetzt, weil er viel zu schwer und völlig außer Form war. Seitdem hat
       Sandoval einen eigenen Koch engagiert und sich einem speziellen
       Fitnessprogramm unterworfen. Immer noch trägt er einige Kilos zu viel mit
       sich herum, aber er setzt seine Masse mittlerweile sehr geschickt in
       Schlaggeschwindigkeit um.
       
       Zusätzlich hat ihm seine Erscheinung den von Mannschaftskollege Barry Zito
       kreierten Spitznamen Kung Fu Panda eingetragen. Längst hat die ganze Bay
       Area den Gemütsmenschen ins Herz geschlossen: In San Francisco erscheinen
       nicht wenige in Pandabär-Ganzkörperkostümen zu den Spielen und die Giants
       verkaufen Panda-Kopfbedeckungen in rekordverdächtigen Stückzahlen.
       
       Sandoval ist es nicht peinlich, als flauschiger Kinderfilmheld in die
       Baseball-Historie einzugehen. Im Gegenteil: „Das ist keine Rolle, das bin
       ich“, nuschelte er in der Umkleidekabine nach dem entscheidenden Sieg,
       tropfnass vom verspritzten Siegersekt, „ich habe Spaß wie ein kleines
       Kind.“ Tatsächlich hat seine offene, naive Unverstelltheit neben den Home
       Runs dazu beigetragen, ihn zum Fanliebling zu befördern.
       
       Die Offenheit endet neuerdings allerdings, wenn es um sein Gewicht geht.
       Das betrug zwischenzeitlich einmal mindestens 272 amerikanische Pfund.
       Mittlerweile soll Sandoval nur noch 240 Pfund wiegen, vermeldet sein
       Arbeitgeber. Auf seiner eigenen Website behauptet er, er wiege sogar nur
       noch 235. Die Wahrheit kennt nur Sandoval selbst: „Ich möchte, dass das ein
       Geheimnis bleibt.“ Kein Geheimnis ist es, wer dafür gesorgt hat, dass die
       Giants die World Series gewonnen haben.
       
       29 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Thomas Winkler
       
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