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       # taz.de -- Der Kampf um den Bundesliga-Aufstieg: Fast wie in der ersten Liga
       
       > Nach dem 1:1 gegen den Verfolger Hertha BSC verrät nur die Enttäuschung
       > der Spieler von Braunschweig, wie sehr sie schon vom Aufstieg träumen
       
   IMG Bild: Überflieger geerdet: Berlins John Anthony Brooks behält gegen Braunschweigs Stürmer Dominick Kumbela die Oberhand
       
       BRAUNSCWEIG taz| „Wir haben die Konkurrenz auf Distanz gehalten“, sagte
       Gäste-Trainer Jos Luhukay nach dem Spiel. Mir „wir“ meint er Eintracht
       Braunschweig, Tabellenführer der Zweiten Fußball-Bundesliga, und seine
       Hertha, Tabellenzweiter. Im ausverkauften Eintracht-Stadion hatten sie sich
       1:1 unentschieden getrennt. Der Abstand zwischen den Namenlosen aus
       Braunschweig und der teuren Mannschaft des Erstliga-Absteigers aus Berlin
       beträgt damit weiterhin fünf Punkte.
       
       „Nach dem Schlusspfiff hab ich enttäuschte Eintracht-Spieler gesehen“,
       erzählt ihr Trainer Torsten Lieberknecht. „Ich hab denen gesagt: Habt ihr
       sie noch alle? Schaut mal auf die Tabelle, 27 Punkte nach elf Spielen sind
       nicht so verkehrt.“
       
       Ein paar Journalisten spielen weiter das Spiel: Wann werden die Saisonziele
       korrigiert? Dazu Ken Reichel, linker Außenverteidiger: „Wir sind gut damit
       gefahren, von Spiel zu Spiel zu denken. Warum sollten wir das ändern? Ich
       glaube, wir ändern unsere Zielsetzung nicht.“ Glauben Sie? „Ja“, sagt
       Reichel. Und wie lange glauben Sie das? „Bis wir rechnerisch von da oben
       nicht mehr verdrängt werden können“, sagt Reichel.
       
       Es ist nicht wichtig, was Spieler über Saisonziele sagen, und was
       Verantwortliche. Wichtig ist, welche Ziele die Mannschaft mit ihrer
       Spielweise definiert. Hohe: Körperbetont ohne Fouls, stark in den
       Zweikämpfen, alle arbeiten gegen den Ball, der Gegner wird früh attackiert,
       alle gehen mit Dampf in jede Aktion, die Mannschaft switcht gut von Abwehr
       auf Angriff um, kämpft, keiner hat Angst.
       
       Und das Team ist effektiv: 25 Minuten ohne irgendeine Torchance, dann ein
       Abschlag von Keeper Daniel Davari, der Ball landet bei Kapitän Dennis
       Kruppke, der den Ball voll trifft, sechster Saisontreffer. „Beide
       Mannschaften haben sich neutralisiert, es fand fast alles im Mittelfeld
       statt“, sagt Luhukay. Herthas rechter Mittelfeldspieler Marcel Ndjeng
       findet: „Wir haben nicht viel zugelassen, aber das, was wir zugelassen
       haben, war schon zu viel.“
       
       Hertha kommt nur mit Standards in Tornähe. Die hat der 26-jährige
       Brasilianer Ronny drauf. „Das mit den Standards wussten wir, das hatten wir
       angesprochen“, sagt Eintracht-Innenverteidiger Ermin Bičakčić. Und dann
       kommt doch eine, bei der sie nicht aufpassen.
       
       In der zweiten Halbzeit macht Berlin Druck. Je älter die Halbzeit wird,
       desto mehr Druck, Braunschweig wird schwächer, müder, langsamer, gewinnt
       weniger Zweikämpfe, die Innenverteidiger Bičakčić und Deniz Dogan bekommen
       Probleme. „Das lag an uns“, erklärt Norman Theuerkauf, defensiver
       Mittelfeldspieler, „kaum hatten wir geklärt, kam der Ball zurück. Das ging
       zu schnell.“ Theuerkauf macht ein gutes Spiel, bis auf einen Patzer: „Ich
       nehm’ den Ball schlecht mit und dann verstolpere ich auch noch, da hab ich
       gepennt.“ Die anderen sind wach und bügeln seinen Fehler aus.
       
       „Wir haben jetzt vier Gegentore, davon drei aus Standards“, sagt Trainer
       Lieberknecht, und schließt daraus: „Wir verteidigen ganz gut, können uns
       aber bei Standards verbessern.“ Ein Freistoß für Hertha in der 78. Minute.
       „Wir haben gepennt“, sagt Reichel. Die Berliner – abgezockt – führen ihn
       schnell aus, in der Straßenbahn diskutieren die Eintracht-Fans, ob der Ball
       freigegeben war. Die meisten: „Nein.“ Ronny schickt die Kugel in den
       Strafraum, vielleicht müsste Keeper Davari eingreifen, der bleibt auf der
       Linie, Adrián Ramos steigt hoch. Kopf, wusch, drin. Ausgleich.
       
       Danach hat Ramos noch eine Chance. Braunschweigs Ordnung, auf Athletik,
       Kondition, Kampf, Laufbereitschaft aufgebaut, ist weg und es dauert, bis
       sie wieder da ist – aber nicht mehr so wie in der ersten Halbzeit.
       
       Insgesamt ein gutes Spiel, phasenweise wie in der Ersten Liga. Am Dienstag
       kommt der SC Freiburg in der zweiten Runde des DFB-Pokals nach
       Braunschweig. Gute Gelegenheit, um zu sehen, ob da noch ein Unterschied
       ist.
       
       28 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Roger Repplinger
       
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