URI: 
       # taz.de -- Kommentar Griechenland: Mehr Zeit, vor allem für Berlin
       
       > Die Wahrheit hinter dem Aufschub für die griechischen Sparvorgaben
       > lautet: Experten, Gläubiger und alle anderen Retter wissen nicht mehr
       > weiter.
       
       Griechenland soll zwei Jahre mehr Zeit für die Umsetzung der Spar- und
       Reformvorgaben bekommen. Dies geht aus dem neuen Bericht der
       internationalen Troika hervor, der offiziell zwar noch nicht vorliegt, aus
       dem in Berlin aber schon eifrig zitiert wird. Auf den ersten Blick ist das
       eine gute Nachricht, schließlich hatte die neue Regierung Samaras um den
       zweijährigen Aufschub gebeten.
       
       In Wahrheit verbirgt sich hinter dieser Meldung die ganze Misere
       Griechenlands – und die Ratlosigkeit seiner sogenannten Retter. Die
       Experten und Gläubiger sind mit ihrem Latein am Ende – ihre Rettungspläne
       haben versagt. Letztlich brauchen die Helfer die zweijährige Atempause
       mindestens so dringend wie die wieder ziemlich wacklige Regierung in Athen.
       
       Vor allem Deutschland braucht mehr Zeit. Ein Jahr geht allein schon für den
       Wahlkampf und die Bundestagswahl im nächsten Herbst drauf – davor möchte
       Kanzlerin Merkel Ruhe an der Eurofront. Ein weiteres Jahr dürfte Berlin
       brauchen, bis sich die neue Regierung sortiert und in das griechische Drama
       eingearbeitet hat.
       
       Es gibt nämlich neue Fakten, die die Merkel-Regierung bisher beharrlich
       ignoriert. Zum einen hat der Internationale Währungsfonds nachgerechnet und
       festgestellt, dass das Spardiktat wesentlich stärker auf die Realwirtschaft
       in Griechenland durchschlägt als zunächst angenommen. Je mehr gekürzt wird,
       desto mehr brechen die Konjunktur und damit die Steuereinnahmen ein – mit
       der bitteren Folge, dass der Einspareffekt verpufft.
       
       Zum anderen sind sich die meisten Experten einig, dass Griechenland ohne
       einen neuen Schuldenschnitt nie und nimmer auf die Beine kommen wird. Doch
       auch auf diesem Ohr ist die Bundesregierung taub. Erst nach der Wahl dürfte
       man sich langsam den Realitäten stellen – wie gut, dass nun erst mal zwei
       Jahre Ruhe ist!
       
       24 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eric Bonse
       
       ## TAGS
       
   DIR Rettungsschirm
   DIR Griechenland
   DIR Krise
   DIR Griechenland
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Griechenlands Verbindlichkeiten: Ein Schuldenschnitt wird teuer
       
       17,5 Milliarden Euro müsste Deutschland zahlen, wenn die Eurozone die
       Hälfte der Forderungen abschreibt. Zehn Milliarden gingen an den
       Rettungsfonds EFSF.
       
   DIR Kommentar Griechenland: Bis die letzte Insel verkauft ist?
       
       Die Schulden Griechenlands sind einfach nachgewachsen. Jetzt kann man das
       Land nicht einfach wieder zum Friseur schicken, sagt Bundesfinanzminister
       Wolfgang Schäuble sinngemäß.
       
   DIR Finanzkrise in Griechenland: Troika plädiert für Schuldenschnitt
       
       Um neue Finanzhilfe zu erhalten, sollen die Griechen noch mehr sparen.
       Zugleich steht aber ein Schuldenerlass im Raum. Finanzminister Schäuble
       lehnt die allerdings ab.
       
   DIR Reformen in Griechenland: Griechisches Grauen
       
       Immer mehr Politiker in Athens Regierungskoalition lehnen die Reformen ab.
       Premier Samaras könnte das Sparpaket notfalls auch allein durchsetzen.
       
   DIR Hilfen für Griechenland: Zeit ist Geld
       
       Griechenland bekommt zwei Jahre mehr zum Sanieren der Staatsfinanzen, sagt
       der Finazminister. Deutschland dementiert und will den „Troika“-Bericht
       abwarten.
       
   DIR Generalstreik in Griechenland: Mann stirbt bei Demo an Herzinfarkt
       
       Mit einem Generalstreik und Demonstrationen protestierten in Griechenland
       Zehntausende. Bei Krawallen gab es Verletzte. Ein Mann starb.