URI: 
       # taz.de -- Betreuungsgeld und Kassenbeiträge: Die Koalition dealt für den Frieden
       
       > Die FDP will die „Herdprämie“ mittragen und dafür Beiträge für die
       > Krankenkassen senken. Will Schwarz-Gelb so den Koalitionsfrieden wahren?
       
   IMG Bild: Gibt sich „vertragstreu“: Rainer Brüderle.
       
       BERLIN taz | Als „koalitionsinternen Kuhhandel“ bezeichnet Thomas
       Oppermann, der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion,
       worauf sich die Regierungsfraktionen am Mittwoch offenbar geeinigt haben:
       Das Betreuungsgeld kommt, an der Praxisgebühr wird gerüttelt.
       
       Die FDP werde das Betreuungsgeld „mittragen“, sagte FDP-Fraktionschef
       Rainer Brüderle: „Wir verhalten uns vertragstreu. Das ist vereinbart.“
       Gleichzeitig sagte er, dass Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen
       künftig „auf jeden Fall“ entlastet werden. Damit meint er, dass die
       Praxisgebühr abgeschafft oder die Beiträge gesenkt werden könnten.
       Vorstellbar sei auch eine „Kombination von beidem“.
       
       Es ist kein Zufall, dass die FDP beide Themen, die eigentlich nichts
       miteinander zu tun haben, in einem Atemzug nennt. Der Deal, wonach die CSU
       das Betreuungsgeld „bekommt“ (Koalitionsjargon) und die FDP dafür die
       Abschaffung der Praxisgebühr, steht als möglicher Ausweg aus dem
       schwarz-gelben Dauerzwist im Raum.
       
       Bislang hat die FDP jedoch das Betreuungsgeld unter anderem aus
       Kostengründen abgelehnt. Die CSU und Teile der CDU bestehen aber darauf –
       die staatliche Leistung für Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen, sei
       im Koalitionsvertrag vereinbart.
       
       ## Bildungssparen oder Herdprämie
       
       Das Betreuungsgeld ist – neben der Frauenquote, der Energiewende und der
       Rente für GeringverdienerInnen – eines der umstrittensten Themen in der
       Koalition. Abstimmungstermine im Bundestag endeten in Eklats. Jetzt hat die
       FDP eine weitere Idee, um der „Herdprämie“ noch „etwas Vernünftiges“
       abzuringen: Die monatlich 100 und 150 Euro könnten direkt auf ein Konto
       überwiesen und später für die Ausbildung oder das Studium des Kindes
       genutzt werden.
       
       Rainer Brüderle nennt das „Bildungssparen“. Das missfällt der Union. Die
       FDP habe „kein ausgefeiltes Konzept“ vorgelegt, sagte eine Sprecherin der
       Fraktion zur taz: „Bildungskomponente – was heißt das? Das könnten auch
       Gutscheine für Eltern-Kind-Programme sein.“ Beschlossen sei nichts, sagte
       sie mit Blick auf den Koalitionsgipfel am 4. November.
       
       Das Betreuungsgeld sollen Eltern eigentlich ab 1. Januar 2013 bekommen.
       Aber der Termin scheint zu wackeln. Medienberichten zufolge könnte er auf
       1. April verschoben werden. „Die Verwaltungen bräuchten umgehend einen
       Gesetzentwurf für die Umsetzung. Auch zusätzliches Personal wäre
       notwendig“, sagte Manuela Schwesig (SPD), Sozialministerin in
       Mecklenburg-Vorpommern, zur taz. „Auch wenn die FDP jetzt vor der CSU
       eingeknickt ist, wird das Betreuungsgeld bis zum Jahresende nicht umgesetzt
       werden“, so die Betreuungsgeldgegnerin.
       
       Ganz überraschend kommt die Nachricht der möglichen Terminverschiebung
       nicht. Dem Vernehmen nach haben Union und FDP bereits öfter intern darüber
       debattiert, das Betreuungsgeld später einzuführen.
       
       24 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schmollack
       
       ## TAGS
       
   DIR Manuela Schwesig
   DIR Betreuungsgeld
   DIR Politik
   DIR Gabriele Goettle
   DIR Frauenquote
   DIR Familie
   DIR Betreuungsgeld
   DIR Betreuungsgeld
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Manuela Schwesig über Frauenpolitik: „Keine Minijobs mehr anbieten“
       
       Wir wollen, dass Frauen ganze Stellen bekommen, sagt Manuela Schwesig, die
       zuständig für Familienpolitik ist im Kompetenzteam von SPD-Kanzlerkandidat
       Peer Steinbrück.
       
   DIR Kommentar Koalitionsgipfel: Fatale Botschaften
       
       Die Herdprämie eingeführt und keine sinnvolle Rentenreform – Schwarz-Gelb
       wird Deutschland mit ihrer dysfunktionalen Politik eine massive Altersarmut
       bescheren.
       
   DIR Umstrittenes Betreuungsgeld: SPD plant Verfassungsklage
       
       Sollte das Betreuungsgeld von der Koalition beschlossen werden, will die
       SPD vors Verfassungsgericht ziehen. Der CSU warf sie vor, sich vom
       Kitaausbau freikaufen zu wollen.
       
   DIR Politische Kuhhändel: Wie auf dem Viehmarkt
       
       Am Sonntag wird die Koalition mal wieder schachern, um Praxisgebühr und
       Betreuungsgeld. Kuhhändel gehören zum politischen Geschäft. Eine Typologie.
       
   DIR Kritikerin des Gesundheitswesens: Kranke Kassen
       
       Das Gesundheitswesen ist ein aufgeblähter Kosmos voller Dienstleister, eine
       Megabürokratie der Kassen. Eine Kritikerin erzählt.
       
   DIR Gesetzentwurf zur Frauenquote: Kein „Luxusthema“
       
       Mehr Platz für Frauen in Aufsichtsräten: SPD und Grüne bringen einen
       Gesetzentwurf zur Frauenquote in den Bundestag.
       
   DIR Darf ein Kind mehr als zwei Eltern haben?: Bigotter Zweier
       
       In den Niederlanden wird geprüft, ob mehr als zwei Personen für ein Kind
       verantwortlich sein dürfen. Recht so, schließlich zählt vor allem
       Verlässlichkeit.
       
   DIR Kommentar Betreuungsgeld: Tausche Gebühr gegen Prämie
       
       Die Praxisgebühr, eine unsoziale Maßnahme, wird abgeschafft. Eine andere,
       das Betreuungsgeld, wird eingeführt. Bis sie wieder abgeschafft wird.
       
   DIR Brüderle über Betreuungsgeld: FDP wird Herdprämie wohl mittragen
       
       FDP-Fraktionschef Brüderle lässt durchblicken, dass das Betreuungsgeld an
       seiner Partei nicht scheitern werde. Es soll aber „etwas Vernünftiges“
       hineinverhandelt werden.
       
   DIR Großprojekte der Koalition: Rösler allein gegen die Union
       
       Verfehlt, zu teuer, schädlich: FDP-Chef lässt kein gutes Haar an zentralen
       Themen von CDU und CSU wie dem Betreuungsgeld. Ein solider Haushalt, das
       sei das Wichtigste.
       
   DIR FDP-Politikerin über Betreuungsgeld: „Ich würde mit Nein stimmen“
       
       Das Betreuungsgeld ist völlig verkehrt, sagt die FDP-Politikerin Nicole
       Bracht-Bendt. Ob sie dennoch im Bundestag zustimme, sei derzeit offen.