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       # taz.de -- EU-Kartellverfahren: Microsoft verhindert Browserwahl
       
       > Die EU-Wettbewerbshüter fühlen sich für dumm verkauft und drohen
       > Microsoft mit einer Milliardenstrafe. Es geht um die freie Browserwahl im
       > Windows-Betriebssystem.
       
   IMG Bild: Was will dieses Foto nur beschreiben?
       
       BRÜSSEL dapd/dpa | Die EU-Kommission droht Microsoft im Browser-Streit mit
       einer hohen Strafe. Der Konzern habe sich nicht an die Zusage gehalten, den
       Nutzern des PC-Betriebssystems Windows eine Auswahl von alternativen
       Web-Browsern anzubieten, teilten die europäischen Wettbewerbshüter am
       Mittwoch in Brüssel nach einer Prüfung mit.
       
       Der US-Konzern kann nun Stellung nehmen. Entkräftet sie die Vorwürfe nicht,
       kann Almunia eine Geldbuße bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes
       verhängen. Für das Ende Juni abgelaufene Geschäftsjahr 2012 gibt Microsoft
       einen Umsatz von 73,7 Milliarden US-Dollar an (umgerechnet 56,6 Milliarden
       Euro).
       
       Der Konzern hatte schon bei der Einleitung des Verfahrens vor drei Monaten
       das Versäumnis eingeräumt und Wiedergutmachung zugesagt. Doch reicht
       Almunia die Zusage offenbar bei weitem nicht, er fühlt sich von der Firma
       an der Nase herum geführt.
       
       Das Unternehmen ist seit 2009 verpflichtet, auf neuen PCs oder in neuen
       Windows-Paketen eine automatische Browserauswahl einzubauen. Das Ziel: Die
       Firma sollte ihre marktbeherrschende Stellung nicht länger ausnutzen
       können, um den hauseigenen Internet Explorer gegen Konkurrenten
       abzuschotten.
       
       Seit März 2010 öffnete sich deswegen auf allen neuen Windowsgeräten in der
       EU ein Auswahlfenster, auf dem auch Mozilla Firefox, Google Chrome, Apple
       Safari, Opera und sieben unbekanntere Navigatoren auftauchen und
       heruntergeladen werden können. Der Internet Explorer wurde nicht mehr
       automatisch installiert. Das zeigte Wirkung: So schoss schon kurz darauf
       der Verkauf von Opera 130 Prozent in die Höhe.
       
       ## Das verschwundene Auswahlfenster
       
       Bis zum Februar 2011 lief alles glatt. Dann lieferte Microsoft PCs mit dem
       Service Pack 1 für Windows 7 aus. Und durch einen „technischen Fehler“ sei
       das Auswahl-Fenster dabei verschwunden, erklärte die Firma im Juli. Die
       Zahl der Betroffenen PCs: 28 Millionen. Schuld sei ein Team von Technikern,
       die ein notwendiges Update verschlafen hätten.
       
       Erst am 1. Juli will Microsoft über die vermeintliche Panne informiert
       worden sein, dann aber umgehend gehandelt haben. Um den Schaden
       wiedergutzumachen, will das Unternehmen die automatische Browser-Auswahl 15
       Monate länger anbieten als die von Brüssel verordneten fünf Jahre bis 2014.
       
       „Die Kommission wird einen endgültigen Beschluss nur dann fassen, wenn die
       Beteiligten ihr Recht auf Verteidigung wahrgenommen haben“, erklärte
       Almunia am Mittwoch. Doch wird es für den Softwareriesen schwierig.
       
       ## Zusagen nicht erfüllt
       
       Erschwerend kommt hinzu, dass Microsoft erst im Dezember zugesichert hatte,
       alle Auflagen korrekt zu erfüllen. „Wenn sich der Verstoß in den
       Ermittlungen bestätigt, sollte Microsoft mit Sanktionen rechnen“, hatte der
       Kommissar im Juli erklärt. Ihm sei es „sehr ernst“, dass
       Kommissionsauflagen befolgt würden.
       
       Schließlich ist der Streit nicht neu. Die EU kämpft schon seit mehr als
       einem Jahrzehnt gegen Microsofts Missbrauch seiner Marktmacht – die
       Amerikaner sind der härteste Widersacher der europäischen Wettbewerbshüter.
       Der Windows-Marktanteil liegt bei Computern und Laptops europaweit bei über
       90 Prozent. Der Anteil des Internet Explorers bei den Browsern ist mit rund
       31 Prozent allerdings deutlich niedriger.
       
       2004 verhängte Brüssel eine erste Strafe von 500 Millionen Euro: wegen zu
       hoher Lizenzgebühren für technische Informationen, und weil der Konzern
       seinen Kunden mit Windows-PCs zugleich auch den Media Player aufdrängte.
       Zwei Jahre später folgte eine Buße von 280 Millionen Euro, weil nicht alle
       Auflagen korrekt umgesetzt worden waren. 2008 wurde die Strafe um 900
       Millionen Euro erhöht. Erst im Frühsommer hatte der Europäische Gerichtshof
       die Strafe im Grundsatz für rechtens erklärt, sie aber um 40 Millionen Euro
       reduziert.
       
       24 Oct 2012
       
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