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       # taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Schwangere und ihre Brüllbrut
       
       > Die alte denkmalgeschützte Kantine des „Spiegel“ zieht ins Museum. Und
       > der Ex-MDR-Unterhaltungschef ist nicht bestechlich, nur geschäftstüchtig.
       
   IMG Bild: Da wird der Zollstock nicht richtig angelegt und zur Eröffnung ist die Bude nicht fertig: die alte Kantine des Spiegel-Verlags.
       
       Hallo taz-Medienfront! Lustig ist das Museumsleben, faria-faria-ho!
       Zumindest, wenn man in Hamburg arbeitet und die legendäre und unter
       Denkmalschutz stehende Kantine des Spiegel Verlags in Teilen aufbauen will.
       Dann räumt man eine größere Fläche frei, beauftragt ein renommiertes
       Architekturbüro und lädt lustig viele Leute zum Angucken ein!
       
       Und weil so ein Architekturbüro total Wichtiges zu tun hat, und es ja nur
       darum geht, so ne alte Klitsche aufzustellen, wird gebummelt und der
       Zollstock nicht richtig angelegt und am Abend der Eröffnung ist die Bude
       nicht fertig.
       
       Das war sehr lustig, letzte Woche im Museum für Kunst und Gewerbe, wo man
       im Dreiviertelfertigen stand und nur froh war, dass die Deckenkonstruktion
       nicht auf einen herunterrauschte. Wobei ich ja einen Helm habe! Schön auch
       zu wissen, dass der Spiegel das Aufstellen quasi selbst bezahlt hat.
       
       Das Museum, das vor allem Werbeausstellungen für Firmen wie Ikea und Apple
       ins Haus holt oder fertige übernimmt, die so viel künstlerischen Anspruch
       haben wie Udo Lindenberg Haare auf dem Kopf, braucht das Geld schließlich.
       Keine Ahnung wofür. Einen Besuch wert ist der Aufbau der Kantine vor allem
       für diejenigen, die immer davon geträumt haben, beim Spiegel zu arbeiten.
       Die können noch einmal gucken und der verpassten Chance nachweinen –
       zumindest der, Teil eines Verner-Panton-Kunstwerkes gewesen zu sein.
       
       Seine Chance verpasst hat auch der MDR. Und zwar deutlich zu machen, dass
       der MDR keine Selbstbedienungsanstalt ist. Dort nämlich findet man es nicht
       weiter tragisch, dass der ehemalige Unterhaltungschef Udo Foht sich vom
       Manager der Sängerin Helene Fischer Geld geben ließ. Offiziell als
       „Darlehen“ bezeichnet, damit genug Moneten für die Produktion der Sendungen
       zusammenkäme, in denen Fischer auftreten sollte. Was ein erstes „Hä?!“ zur
       Folge hat, schließlich nahm man bislang an, der öffentlich-rechtliche
       Rundfunk hätte aus den Gebühren genug Kohle für das ganze Trallafitti.
       
       Und dass Foht gegen Honorar Moderationstexte für Fischer schrieb, findet
       man beim MDR auch in Ordnung, schließlich hatte er die Nebentätigkeit
       angemeldet. Nach welcher Zielsetzung, so meine bescheidene Frage, dürfen
       Führungskräfte dort wirken? Nach der: „Ich baue mir ein Reich und werde
       dadurch reich?“
       
       Nach dem Motto „Any press is good press“ war eine Dame so mutig, mir eine
       Pressemitteilung zu einem neuen Webradio zu schicken. Nicht ohne mir ihre
       „vorzügliche Hochachtung“ zum Ausdruck zu bringen. Da auch ich nicht frei
       davon bin, mich vom Ausdruck der Achtung einwickeln zu lassen, möchte ich
       die Gelegenheit wahrnehmen und auf das Webradio aufmerksam machen. Es ist
       ein Musiksender, dessen Programm sich an Kinder bis zu drei Jahren und
       Schwangere richtet.
       
       Ja, richtig, Radio für Schwangere und ihre Brüllbrut. Das Angebot variiert
       zwischen Pling und Plang, Klimperdibimper und Frühgeburten verhindernden
       Harfentönen. Die dargebotenen Songs, selbstverständlich positiv durch
       Ärzte, Hebammen und Psychologen bewertet, sind käuflich erwerblich, das
       Programm ist in vielen Weltsprachen abrufbar. Aber auch Spenden sind
       willkommen. Schließlich geht es um Großes: „Die ausgewählten Ideen und
       Gedanken, die zur Entwicklung einer noch sensibleren und besseren
       Gesellschaft beitragen, werden von uns gefördert und verbreitet.“ Dem
       möchte auch ich mich nicht verschließen: Schwangere! Babys! Scheißt auf
       Occupy! Hört [1][www.de.radio4baby.com]! Das Yanni-Poster aus dem Schrank
       holend zurück nach Berlin!
       
       24 Oct 2012
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.de.radio4baby.com/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Silke Burmester
       
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