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       # taz.de -- Urteil zu Erzieherin in rechter Szene: Mobilmachung im Kindergarten
       
       > Wegen Verstrickungen in die rechtsextreme Szene beurlaubte die Stadt
       > Lüneburg 2010 eine Erzieherin. Die bekam nun vor Gericht recht – und darf
       > wieder arbeiten.
       
   IMG Bild: Soll nazifrei bleiben, wenn es nach der Elterninitiative geht: Kindergarten am Lüneburger Marienplatz.
       
       LÜNEBURG taz | In dieser Woche wird Lüneburgs Oberbürgermeister Ulrich
       Mädge (SPD) ganz besondere Post bekommen. Erwartet haben dürfte die
       Stadtverwaltung diese Briefe nicht: Eltern des Kindergartens am Marienplatz
       wollen dem Stadtoberhaupt darin ganz persönlich darlegen, dass eine
       Rückkehr von Birkhild T. in den Kindergarten mehr als unerwünscht ist. Den
       hatte die Erzieherin seit August 2010 nicht mehr betreten – wegen ihrer
       Nähe zur rechtsextremen Szene.
       
       Im [1][Sommer 2010 legte ein taz-Artikel] T.s Familienverhältnisse offen:
       Verheiratet ist sie mit einem bedeutenden NPD-Funktionär aus dem
       Mecklenburgischen, mit sechs Kindern lebt das Paar in Langenheide unweit
       von Lübtheen (Landkreis Ludwigslust-Parchim). Seit Jahren ist der Ehemann
       Mitarbeiter von NPD-Landtagsfraktionschef Udo Pastörs, betreut das
       Wahlkreisbüro. Im Kreistag Ludwigslust-Parchim führt der frühere
       „Unterführer“ der verbotenen „Wiking Jugend“ die NPD-Fraktion an. 2011
       erklärte er bei der Selbstdarstellung für seine Landtags-Direktkandidatur
       unter vollständiger Namensnennung, er sei mit seiner Frau „seit 1996
       verheiratet“.
       
       Einige der Kinder schickte das Paar zur mittlerweile verbotenen
       „Heimattreuen Deutschen Jugend“ oder der Vater nahm sie mit zum NPD-Fest.
       Auf ihrem Grundstück hielten Szeneangehörige Lager ab, eine Aussteigerin
       erzählte, dass T. eine rechte Frauengruppe geleitet habe – aber bewusst im
       Hintergrund bleiben wollte: wegen der Arbeit.
       
       Nach dem Eklat handelte die Stadt: Sie stellte die Erzieherin vom Dienst
       frei, weil Eltern ihre Kinder vom Kindergarten abzumelden drohten, sollte
       sie dort wieder arbeiten. T. meldete sich krank, Stadt und Eltern führten
       Hintergrundgespräche, richteten Infoabende mit Rechtsextremismus-Experten
       aus. Und die Stadt nahm die Auseinandersetzung zum Anlass, alle städtischen
       ErzieherInnen eine schriftliche Erklärung unterschreiben zu lassen, wonach
       sie „nicht Mitglied einer extremistischen Gruppierung“ seien. Was
       irritierte: Die Erklärung gab auch T. selbst ab.
       
       Vor dem Arbeitsgericht Lüneburg scheiterte die Stadt später mit dem
       Angebot, T. in die weniger problematische Tagespflege zu versetzen. Am 10.
       Oktober nun entschied dasselbe Gericht, dass die Erzieherin wieder in dem
       Kindergarten arbeiten darf. Eine Versetzung infolge der Elternproteste
       gegen die NPD-Mitgliedschaft des Ehemanns sei irrelevant: „Auf die
       politische Gesinnung ihres Ehemannes kam es für die Entscheidung aus
       rechtlichen Gründen nicht an.“
       
       „Wir wägen das alles noch sehr genau ab“, erklärte Suzanne Moenck,
       Sprecherin der Stadt Lüneburg, am Freitag gegenüber der taz. Unter anderem
       sei unklar, ob die Stadt den Rechtsweg beschreiten werde – aber auch, ob T.
       wirklich in den Kindergarten zurückkehre.
       
       „Wir waren entsetzt“, sagte im Sommer 2010 der Vater eines Kindes aus der
       Kita Marienplatz. „Wir sind es wieder“, sagt er jetzt. In den vergangenen
       zwei Jahren standen die betroffenen Eltern vom Marienplatz immer wieder in
       Kontakt. Formlos gründeten sie eine Elterninitiative. Die kam am
       vergangenen Freitagabend zusammen, um sich über den neuen Sachstand
       auszutauschen – und Protest zu planen.
       
       Mit den Briefen, die ab dem heutigen Montag in die Post gehen, wollen sie
       den Druck verstärken. In sehr individuellen Worten, so haben es rund 30
       Betroffene angekündigt, wollen sie ihre Sorgen und Befürchtungen gegenüber
       dem Bürgermeister zum Ausdruck bringen. Und ihre letzte Aktion dürfte es
       nicht sein.
       
       21 Oct 2012
       
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