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       # taz.de -- US-Gericht urteilt gegen Diskriminierung: Gleiche Rechte für alle!
       
       > Ein weiteres US-Bundesgericht befindet das „Gesetz zum Schutz der Ehe“
       > für verfassungswidrig. Es dürfte nun vor dem obersten Gerichtshof landen.
       
   IMG Bild: Klare Vorstellungen: Gegner der Homoehe protestieren in Maryland
       
       BERLIN taz | Ein Bundesberufungsgericht der USA in New York hat das 1996
       verabschiedete Gesetz zum Schutz der traditionellen Ehe (Defense of
       Marriage Act, Doma) zwischen Mann und Frau für verfassungswidrig erklärt.
       Das Gesetz diskriminiere gegen Schwule und Lesben und verstoße gegen das
       Verfassungsgebot der gleichen Schutzrechte für alle, hieß es in dem Urteil
       am Donnerstag.
       
       Klägerin war die 83-jährige Edith Windsor. Sie hatte 2007 in Kanada ihre
       langjährige Lebensgefährtin Thea Clara Speyer geheiratet. Als Speyer 2009
       starb, erbte Windsor ihr Vermögen – aber aufgrund des Doma-Gesetzes, dass
       die US-Regierung darauf verpflichtet, gleichgeschlechtliche Ehen nicht
       anzuerkennen, sollte sie rund 370.000 Dollar Erbschaftssteuer zahlen – die
       sie als heterosexuelle Witwe nicht hätte zahlen müssen. Dagegen ging sie
       vor Gericht und erhielt nun Recht.
       
       Es ist bereits das zweite Mal, dass ein Bundesgericht das Doma-Gesetz für
       verfassungswidrig erklärt, und es wird damit immer wahrscheinlicher, dass
       das gesamte Thema gleichgeschlechtliche Ehe in nächster Zeit vor dem
       obersten Gerichtshof der USA verhandelt wird.
       
       Bislang galt es als Sache der Bundesstaaten, selbst die Homoehe zuzulassen
       oder nicht – jetzt, wo unterschiedliche Regelungen auf Bundesstaaten- und
       Bundesebene immer häufiger miteinander in Konflikt treten, dürfte das
       Gericht sich genötigt sehen, den Fall anzunehmen.
       
       ## Homoehe in einigen Bundesstaaten erlaubt
       
       Wie die Richter allerdings entscheiden, bleibt unklar – Zünglein an der
       Waage dürfte nach Einschätzung eines von der New York Times befragten
       Experten Richter Anthony Kennedy sein, der zwar 1988 vom republikanischen
       Präsidenten Ronald Reagan nominiert wurde, in sozialen Fragen aber dennoch
       oft eher liberal stimmt.
       
       Derzeit ist in einigen US-Bundesstaaten die Homoehe erlaubt. Sobald aber
       Bundesgesetze ins Spiel kommen, gilt das Doma-Gesetz von 1996. Das
       Justizministerium der Obama-Regierung ist grundsätzlich dazu verpflichtet,
       das Gesetz in einem Rechtsstreit zu verteidigen – so wie jedes vom Kongress
       verabschiedete Gesetz. Beim letzten Rechtsstreit allerdings, im Februar
       2011, weigerte sich die Regierung, vor Gericht für das von Demokraten
       ungeliebte Gesetz einzutreten, auch wenn sie nach wie vor verpflichtet ist,
       es umzusetzen.
       
       Die Gleichstellung schwuler und lesbischer Lebensgemeinschaften mit der
       heterosexuellen Ehe zu verhindern, steht ganz oben auf der Agenda
       sozialkonservativer und evangelikaler Kreise in den USA, und das ist längst
       auch Mehrheitsposition der Republikanischen Partei.
       
       Vor vier Jahren war in Kalifornien die sogenannte Proposition 8 per
       Volksabstimmung angenommen worden – ein Gesetz, dass die geplante Homoehe
       in Kalifornien ächtete. Hauptunterstützer damals: Die Mormonenkirche, der
       auch der Republikaner-Kandidat Mitt Romney angehört. Auch dieses Gesetz war
       später von einem Bundesgericht für verfassungswidrig erklärt worden.
       
       ## Referendum in Maryland
       
       Am Wahltag am 6. November steht im Bundesstaat Maryland ein Referendum über
       die Gültigkeit eines Gesetzes über die Zulassung der Homoehe auf dem
       Programm. Der dortige Kongress hatte entsprechende Gesetze verabschiedet,
       doch konservative Gegner sammelten ausreichend Unterschriften, um eine
       Volksabstimmung über das Gesetz zu erzwingen.
       
       In mittlerweile drei Urteilen argumentierten Bundesrichter, Schwulen und
       Lesben Rechte zu verweigern, sei eine klare Diskriminierung und verfolge
       auch keinen anderen nachvollziehbaren Zweck.
       
       Edith Windsor ist zufrieden. Sie war „so beleidigt, dass diese Frau, mit
       der ich gelebt habe, die ich bewundert habe und die mich geliebt hat“, von
       den Behörden „wie eine Fremde in meinem Leben“ behandelt worden sei.
       
       19 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernd Pickert
   DIR Bernd Pickert
       
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