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       # taz.de -- Kommentar Neue Agrosprit-Ideen: Kein Abfall für alles
       
       > Die Suche nach einem reichhaltig vorhandenen alternativen Treibstoff –
       > Erdöl unabhängig und die CO2-Emissionen senkend – wird Fiktion bleiben.
       
   IMG Bild: Sprit im Grünen gibt es häufig, grünen Sprit allerdings nicht.
       
       Was für ein irrer Aufwand für diesen Pflanzensprit: Ein paar Prozent des
       Treibstoffs gewinnt man heute aus Biomasse und hat dafür eine gehörige
       Agroindustrie aufgebaut. Zu Recht wird sie heftig kritisiert von
       Umweltschützern und globalen Hilfsorganisationen – zumal nicht einmal
       gesichert ist, ob das Zeug dem Klima am Ende überhaupt was bringt;
       womöglich schadet es gar.
       
       Jetzt soll zumindest der Anteil des Biosprits aus Nahrungspflanzen
       beschränkt werden. Das ist nicht verkehrt, wird aber auch nicht viel
       bringen, weil dann eben Flächen, die bisher Nahrungsmittel generierten, mit
       reinen Energiekulturen bestellt werden. Der Kampf um die Flächen bleibt.
       
       Auch von Treibstoffen aus Abfällen, Holz oder gar Algen ist nicht viel zu
       erwarten. Denn Abfälle werden heute oft schon energetisch genutzt, etwa
       Speisereste in Biogasanlagen oder Kunststoffe in der Müllverbrennung. Damit
       ist die Spriterzeugung in der Regel nur auf Kosten anderer Nutzungsarten
       möglich.
       
       Auch Holz ist nicht unendlich verfügbar, Forstexperten sprechen schon von
       Potenzialgrenzen. Zudem ist die Energiebilanz zweifelhaft. Bleibt noch die
       Algenzucht. Doch sie braucht viel Prozessenergie, und die Algen nutzen die
       einfallende Sonnenenergie schlecht aus. Fakt ist: Die Suche nach einem
       reichhaltig vorhandenen alternativen Treibstoff, der vom Erdöl unabhängig
       macht und die CO2-Emissionen spürbar senkt, wird Fiktion bleiben.
       
       Wenn die EU im Verkehrssektor etwas bewegen will, muss sie die Fahrzeuge
       auf Effizienz trimmen. Und nicht nur das: Das gesamte Verkehrssystem muss
       energieeffizienter werden – durch eine konsequente Fahrradpolitik in den
       Städten und die Verknüpfung von öffentlichem Nahverkehr und Car-Sharing auf
       dem Land. Den ersten Lernschritt geht die EU gerade, hoffentlich folgt bald
       der zweite.
       
       17 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernward Janzing
       
       ## TAGS
       
   DIR EU-Kommission
       
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