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       # taz.de -- 2. TV-Duell zur US-Präsidentschaft: Obama greift an, Romney patzt
       
       > Ein kämpferischer Obama zeigt sich im zweiten TV-Duell gut vorbereitet.
       > Außenpolitisch offenbart Herausforderer Romney seine Schwächen.
       
   IMG Bild: Obama und Romney schenkten sich nichts.
       
       PUEBLO taz | Am langen Tresen vom „Klamm's Shell“ ist die Sympathie vor
       Beginn der zweiten Debatte bei Barack Obama. Die meisten, die an diesem
       Dienstagabend ihr Bier zwischen Fotos von American Football-Stars und
       Halloween-Dekorationen trinken, haben schon vor vier Jahren für ihn
       gestimmt. Und viele meinen, dass der Präsident von Haus aus einer von ihnen
       ist.
       
       Der Koch formuliert es so: „Obama hat sich seinen Weg an die Universität
       verdient. Dem anderen Typen ist alles vorgesetzt worden“. Die Kellnerin
       sagt: „Sie haben von vornherein alles getan, damit er scheitert.“ Warum?
       „Weil er schwarz ist“. Und der Kunde mit dem Pink Floyd-T-Shirt meint: „Es
       dauert länger als vier Jahre, um so einen Mist aufzuräumen.“
       
       Aber auch in einem zweiten Punkt sind sich die meisten in der Dive-Bar
       einig: Obama muss sich mehr anstrengen. Wenn er wieder so defensiv ist,
       sind sie nicht sicher, ob sie ihm ihre Stimme geben. Nach der
       enttäuschenden ersten Debatte haben manche nicht einmal mehr Lust, in ein
       zweites Mal hören. „Er hat selbst gesagt, dass er zu nett war“, sagt der
       Koch.
       
       Ein einsamer älterer Mann vor einem besonders großen Glas ruft: „Was ist
       das für eine beschissene Auswahl: Ein Muslim und ein Mormone“. Welcher
       Muslim? „Der Mann hat den Mittelnamen Hussein“, kommt zurück. Der einsame
       Trinker sagt, dass er ein registrierter Wähler sei und jüdisch. Aber dass
       er selbstverständlich nicht wählen werde.
       
       ## Angriff auf Obamas Wirtschaftspolitik
       
       Der Stadtteil Bessimer, wo sich die Bar befindet, hat schon bessere Zeiten
       erlebt. Mit dem Ende der Stahlhütte, deren Schornsteine weiterhin die
       niedrigen Backsteinhäuser überragen, kam der Niedergang. Hier wohnt „untere
       middle class“, sagt der Barmann. Außerhalb der USA würde es
       „Arbeiterviertel“ heißen. Der Barmann war – wie vor ihm sein Onkel und sein
       Vater – beim Militär. „Mir ist jeder Präsident recht“, sagt er, „als Soldat
       folgt man seinem Obersten Befehlshaber".
       
       Mitt Romney steigt so in die zweite Debatte ein, wie er die erste beendet
       hat: mit einem frontalen Angriff auf Obamas Wirtschaftspolitik. Und listet
       dessen Versagen der vergangenen vier Jahre auf: eine beinahe verdoppelte
       Verschuldung, weiterhin 7,8 Prozent Arbeitslose, mehr Arme und mehr
       Lebensmittelmarkenempfänger. „Ich werde das ändern“, verspricht Romney. Und
       verrät wieder nicht, wie. Auch in der Form bleibt Romney sich selbst treu:
       Dasselbe linkische Lächeln, derselbe leicht zur Seite gelegte Kopf,
       dieselben Versuche, den Präsidenten herunterzuputzen, wie einen ungehörigen
       kleinen Jungen.
       
       Der Unterschied ist Obama. Er wirkt wie ausgewechselt. An diesem Abend
       liefert er den Auftritt, den seine Leute von ihm erwarten. „Er wirkt
       wütend“, sagt der Barman anerkennend. Später, als der Präsident Romneys
       „47-Prozent“-Rede attackiert, in welcher der Herausforderer sich über
       „Opfer“- und „Abhängigenmentalitäten“ mokiert hat, murmelt er: „Der
       Präsident hat eine Menge für Veteranen getan“.
       
       ## Kein Krieg für Öl
       
       Obama geht an diesem Abend in die Offensive. Er rechnet vor, dass Romney,
       der alle Steuern senken und gleichzeitig die Militärausgaben erhöhen und
       das Defizit senken will, ein mathematisches Problem hat. Er weist auch
       darauf hin, dass derselbe Romney, der im Fernsehen das moderate Publikum
       der Mitte sowie die Frauen und Latinos umwirbt, vor seiner eigenen Partei
       gegenteilige Dinge sagt.
       
       Und vor allem verteidigt dieses mal Obama persönlich seine Bilanz. Anstatt
       das wie zuvor anderen – darunter Bill Clinton und Vizepräsident Joe Biden –
       zu überlassen. Obama nennt seine Gesundheitsreform. Nennt den gleichen Lohn
       für gleiche Arbeit. Nennt die Investitionen in grüne Technologieen – wobei
       er Deutschland und China als positive Beispiele nennt. Und nennt die
       Bin-Laden-Tötung, die ein demokratisches Wahlkampfargument geworden ist.
       
       Die Fragen kommen dieses Mal aus dem Publikum. Susan Katz aus dem
       Bundesstaat New York stellt die kniffeligste von allen. Sie will von Romney
       wissen, was „der größte Unterschied“ zwischen ihm und Ex-Präsident George
       W. Bush ist. „Gute Frage“, ruft der Barman über den Thresen. Romney windet
       sich. Es sei „eine andere Zeit“ sagt er. Und spricht statt von einem
       persönlichen Unterschied mit dem in Ungnade gefallenen Ex-Präsidenten, von
       globalen Veränderungen. Als erste nennt er diese: Nordamerika könne heute
       alle Energie selbst produzieren und sei nicht auf Ölimporte angewiesen sei.
       Das klingt, als wollte er sagen: „Ich muss keinen Krieg wegen Öl führen“.
       
       ## Obama gut vorbereitet
       
       Peinlich wird es bei der Außenpolitik. Romney will ein Präsident werden,
       der sich „nicht für Amerika entschuldigt“. Gleich am ersten Amtstag, will
       er Tacheles mit China reden: „wegen Währungsmanipulation“. Obama antwortet
       gelassen, seine Verwaltung habe zahlreiche Verfahren wegen unfairer
       Handelsmethoden geführt und alle gewonnen. Auch gegen China.
       
       Dann liefert sich Romney ein Eigentor. Er wirft Obama erneut eine
       Fehleinschätzung der Sicherheitslage in Bengasi, Libyen, vor. Der
       Präsident, so Romney, habe erst eine Woche nach dem Botschaftermord von
       „terroristischer Attacke“ gesprochen. Tatsächlich erwähnte Obama das
       Stichwort bereits am Morgen danach.
       
       Der Barman serviert Hamburger mit der Sauce von grünen Chilies aus Pueblo.
       Als Romney „Gott“ und seine Missionarszeit erwähnt, will er wissen, ob
       Religion und andere intime Fragen auch in Deutschland zenrale Themen im
       Wahlkampf seien.
       
       „Romney hat dasselbe gesagt, wie zwei Wochen zuvor“, atmet der Koch am Ende
       der Debatte erleichtert auf: „Und Obama hatte Zeit, sich vorzubereiten.
       Wenn er das tut, ist er gut.“
       
       17 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dorothea Hahn
       
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