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       # taz.de -- Wohnungswirtschaft in Aufruhr: Hamburg will Mietpreise deckeln
       
       > Stadtentwicklungssenatorin Jutta Blankau (SPD) will den
       > Mietwucherparagrafen zurück und bereitet eine Bundesratsinitiative vor.
       
   IMG Bild: Das Ziel sind nur noch 20 Prozent Aufschlag: unterschriftsreife Neuvermietung.
       
       HAMBURG taz | Mit einer Bundesratsinitiative will die Hamburger
       Stadtentwicklungssenatorin Jutta Blankau (SPD) gegen die explodierenden
       Preise auf dem Wohnungsmarkt vorgehen. Laut einem Gesetzesentwurf, der dem
       NDR vorliegt, sollen die Mieten bei Neuvermietung künftig höchstens um 20
       Prozent über dem ortsüblichen Mietpreis liegen dürfen. Bei Verstoß droht
       den Vermietern ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro. Die Wohnungswirtschaft
       gibt sich empört, das ansonsten rosige Verhältnis sei nun getrübt. Die FDP
       spricht von „purem Populismus“.
       
       Um Blankaus Vorstoß gegen den Mietwucher ist eine heftige Debatte
       entbrannt. Blankau lehnt sich wohnungspolitisch eher selten aus dem
       Fenster, „im Bündnis für das Wohnen in Hamburg“ setzt sie auf den großen
       Schulterschluss mit Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, um das Senatsziel
       von 6.000 Wohnungen im Jahr zu erreichen.
       
       Nun greift sie mit dem Gesetzesentwurf eine nicht gerade neue Forderung
       auf: Seit einem Jahr setzt sich das Bündnis „Mietenwahnsinn stoppen“ für
       die Einführung einer Mietobergrenze ein. Und auch die Grünen und die
       Linksfraktion sehen sich als Ideengeber für einen verbesserten
       Mieterschutz.
       
       Wohnen wird in Hamburg zusehends teurer. Eckhard Pahlke, dem
       Vorstandsvorsitzende des Mietervereins zu Hamburg, zufolge liegen die
       Mieten bei Neuvermietung vor allem im Altbaubereich derzeit bei bis zu 60
       Prozent über dem dem Mietenspiegel.
       
       Seitdem der Mietwucherparagraf vor fünf Jahren von der Bundesregierung
       gelockert und so zum zahnlosen Tiger wurde, können Vermieter von neuen
       Mietern exorbitante Preise verlangen, denn die derzeit geltenden
       Regulierungen gelten nur für Erhöhungen in bestehenden Mietverhältnissen.
       
       Peter Hitpaß vom Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) lehnt die
       Bundesratsinitiative vehement ab und sieht darin einen Eingriff in die
       freie Marktwirtschaft. Der Lobbyverband wird im nächsten und übernächsten
       Jahr jeweils einen Anteil von 1.900 neu gebauten Wohnungen zum Senatsziel
       beisteuern.
       
       Die Wohnungswirtschaft hat also ein Druckmittel in der Hand. „Es gibt die
       Gefahr, dass wenn das Gesetz verabschiedet wird, weniger Investoren bauen
       werden“, sagt er. Wenn Vermieter bei Neuvermietungen nicht mehr selbst die
       Preise bestimmen konnen, sei das ein elementarer Eingriff in das
       Vertragsrecht.
       
       Der DGB dagegen unterstützt die Pläne Blankaus. „Die Finanzmarktkrise hat
       die Flucht in die Immobilien angeheizt und treibt die Preise in
       schwindelerregende Höhen“, sagt Hamburgs DGB-Vorsitzende Uwe Grund. Werde
       der Mietpreiswucher nicht verhindert, würden die schmalen
       Einkommenssteigerungen vollständig von den steigenden Energiepreisen und
       den Mieten aufgefressen.
       
       Voraussichtlich im ersten Quartal 2013 soll der Gesetzesentwurf zur
       Mietpreisdeckelung in den Bundesrat eingebracht werden. Es gibt allerdings
       auch Länder, in denen eine Mietpreisdeckelung gar nicht greifen würde:
       Bremen etwa hat gar keinen Mietenspiegel, auf den sich Vermieter bei
       Mieterhöhungen beziehen könnten.
       
       16 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lena Kaiser
       
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   DIR Mieten
       
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