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       # taz.de -- Im Ankündigen ist Raúl Castro gut: „Raub von Hirnen“
       
       > Die USA seien Schuld daran, dass die Neuregelung der Reisevorschriften
       > nur so wenige Erleichterungen bringe, rechtfertigt Kubas Präsident den
       > Erlass.
       
   IMG Bild: Für ausreisewillige Kubaner hat sich fast nichts geändert.
       
       BERLIN taz | Schuld sind wieder einmal die USA. Deren „Raub von Hirnen“ sei
       dafür verantwortlich, dass die neuen Ausreisebestimmungen eben recht enge
       Grenzen hätten, so argumentierte die Regierung von Raúl Castro am Dienstag
       in Havanna.
       
       Der Raub von Hirnen steht für die Abwerbung von kubanischen Talenten, vom
       Sportcrack bis zum Herzchirurgen, denen in den USA bessere Perspektiven
       versprochen werden.
       
       Sieben Jahre haben die Kubaner seit der ersten Ankündigung auf die
       Abschaffung der Ausreisebewilligung warten müssen. Nun ist es zwar so weit,
       aber der große Wurf, den viele Kubaner erhofft hatten, ist es nicht
       geworden.
       
       Viele Hoffnungen und immer wieder Ernüchterungen kennzeichnen die
       Reformpolitik von Fidel Castros jüngerem Bruder. Raúl trat an, um Kuba für
       das 21. Jahrhundert fit zu machen und das kubanische Gesellschaftsmodell zu
       modernisieren.
       
       ## Nur bescheidene Erfolge
       
       Dem Grundrecht auf Reisefreiheit wolle man fortan Rechnung tragen, hieß es
       erstmals 2005, als die Brüder die Parameter der Reformpolitik absteckten.
       
       Die Erfolge der Reformagenda von Castros Gnaden sind bescheiden, so urteilt
       die Cepal, die UN-Kommission für wirtschaftliche Entwicklung für
       Lateinamerika und die Karibik. Kuba hinke der regionalen Entwicklung
       hinterher.
       
       Auch der kubanische Ökonom Omar Everleny Pérez gibt zu, dass die Hoffnung
       auf mehr ökonomische Dynamik deutlich größer war als das, was die Zahlen
       ausweisen.
       
       ## Reformen liegen auf Eis
       
       Die lagen laut Cepal bei 2,5 Prozent Wachstum, während der Rest der Region
       um durchschnittlich 3,7 Prozent wuchs. Die Reformen kommen nicht so recht
       vom Fleck. So liegt etwa die Novelle des Gesetzes zur Landverteilung, das
       bereits im September 2011 vom Agrarministerium detailreich angekündigt
       wurde, auf Eis.
       
       „Auch die Reformen auf dem Arbeitsmarkt greifen zu kurz“, sagt Oscar
       Espinosa Chepe, ehemals Ökonom an der kubanischen Zentralbank und heute
       bekannter Dissident. „Sicherlich ist es positiv, dass es mehr als 380.000
       neue Selbständige gibt, aber es fehlt an Vielfalt und an unternehmerischer
       Freiheit.“
       
       Ein Phänomen, auf das auch Pavel Vidal und Omar Everleny Pérez von der
       Universität Havanna in einer Analyse Ende 2010 hinwiesen. Sie plädierten
       für die Freigabe von mehr Berufen für die Selbständigkeit, die Einführung
       von Großmärkten und weniger zentralistische Entscheidungsstrukturen.
       Gefruchtet hat es wenig. Was bleibt, ist das Prinzip Hoffnung.
       
       16 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Knut Henkel
       
       ## TAGS
       
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