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       # taz.de -- Hitlers Biographie als TV-Serie: Im Auftrag der Entmystifizierung
       
       > Hitlers Leben soll als deutsche Fernsehserie verfilmt werden. Die
       > erfahrenen Produzenten versprechen Authentizität – und Emotionen.
       
   IMG Bild: Das Produzentenduo Hofmann/Mojto hat schon oft bewiesen, dass es deutsche Geschichtsstoffe erfolgreich fiktionalisieren kann.
       
       Die Produzenten Nico Hofmann und Jan Mojto wollen Hitlers Leben fürs TV als
       Serie verfilmen – diese Ankündigung sorgte für Aufsehen auf der größten
       Programm-Messe der Welt, der Mipcom in Cannes Anfang Oktober: Zwanzig
       Millionen Dollar Kosten, ein Drehbuch von Nikki Stein und Hark Bohm, das an
       die Vorlage von Thomas Webers „Hitlers erster Krieg“ angelehnt ist, sowie
       ein Beraterteam aus internationalen Historikern – das sind die Grundlagen,
       auf denen die achtstündige Reihe in den nächsten zwei Jahren entstehen
       soll.
       
       Nikki Stein wird voraussichtlich auch die Regie übernehmen, Hauptdarsteller
       und Koproduktionspartner stehen noch nicht fest. Das Produzentengespann
       Hofmann/Mojto hat schon oft bewiesen, dass es deutsche Geschichtsstoffe
       erfolgreich fiktionalisieren kann. Zuletzt mit einem – allerdings
       umstrittenen – Film über den Nazi-Generalfeldmarschall Erwin Rommel und der
       Roman-Verfilmung von „Der Turm“ über die Endzeit des DDR-Regimes.
       
       Letztere lockte am Abend des Tags der Deutschen Einheit knapp siebeneinhalb
       Millionen Zuschauer vor die Fernsehschirme. „Das ist eine ganz neue Art,
       Geschichte zu zeigen“, meint Hofmann. „Bei ’Rommel‘ und ’Der Turm‘ ist
       alles gut recherchiert, authentisch. Rommel beispielsweise haben wir
       emotionalisiert, ohne dass man mit ihm mitfühlt, ihn als Helden stilisiert,
       ähnlich wollen wir auch bei Hitler vorgehen.“
       
       Das man in Cannes die Planungen zum Hitler-Projekt überhaupt schon bekannt
       gab, hat damit zu tun, dass man in den USA und England ebenfalls
       Verfilmungen über den deutschen Diktator vorbereitet. Mojto hat eine
       ähnliche Situation bereits bei „The Borgias“ bereits erlebt: Amerikanische
       Konkurrenten produzierten fast zeitgleich die Serie über die mächtige
       italienische Adelsfamilie.
       
       ## Schwieriges Terrain
       
       Was die Hitler-Biografie angeht, wissen die Macher, dass sie sich auf einem
       schwierigen Terrain bewegen. Wird man sich von dem Vorhaben deutscher
       Produzenten befremdet fühlen? Könnte es gar Beifall von rechtsradikalen
       Organisationen geben? Bei der Rommel-Verfilmung beispielsweise kritisierten
       die Familie des Feldmarschalls historische Ungenauigkeiten, zudem soll sich
       Regisseur Hofmann für die Rommel-Darstellung im Film auch auf Äußerungen
       des Holocaust-Leugners David Irving gestützt haben.
       
       Der renommierte Historiker Hans-Ulrich Wehler begrüßt das Filmprojekt:
       „Besonders wenn ich sehe, wie kümmerlich die Geschichte in den USA oder
       England behandelt wird.“ Eine Kritik von Opferverbänden oder aus dem
       Ausland kann sich der Wissenschaftler nicht vorstellen: „Das Ganze läuft ja
       nicht auf eine Verklärung hinaus, sondern auf Information.“
       
       Die in der Vergangenheit oft gescholtene Emotionalisierung historischer
       Ereignisse im TV sieht er positiv: „Wie soll man das sonst machen. Es geht
       gar nicht ohne die Mobilisierung von Emotionen. Sonst klinken sich die
       Leute aus.“ Nico Hofmann und Jan Mojto wollen mit ihrer Produktion Hitler
       letztlich „entmystifizieren“. „Die jüngere Generation hat Abstand gewonnen
       und kann unverkrampft mit diesen Themen umgehen“, erklärt Mojto.
       
       Er weist darauf hin, dass in Deutschland die Deutung der eigenen Geschichte
       lange Zeit anderen überlassen wurde. Dass dabei beim Publikum im In- und
       Ausland das „Dritte Reich“ besonders interessant ist, liegt für Historiker
       Wehler auf der Hand: „Die schockartige Wirkung dieser Zeit ist im
       kollektiven Gedächtnis Europas gespeichert. Es ist verständlich, dass diese
       schrecklichen zwölf Jahre die größte Faszination ausüben.“
       
       14 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Wilfried Urbe
       
       ## TAGS
       
   DIR ARD
   DIR Hitler
   DIR Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
       
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