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       # taz.de -- Finanzsituation in Griechenland: Schäuble gegen den Rest der Welt
       
       > Klare Botschaft von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble: Er glaubt
       > nicht an einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone. Der Politiker
       > sagte Athen weiter Hilfe zu.
       
   IMG Bild: Nach seiner Rechnung geht Griechenland nicht pleite: Wolfgang Schäuble.
       
       BRÜSSEL taz | Griechenland soll nun doch nicht pleitegehen – und dennoch
       keinen Aufschub für die Erfüllung seiner Sparvorgaben bekommen. Mit diesen
       widersprüchlichen Aussagen sorgte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble
       (CDU) am Wochenende bei seiner Asienreise für Verwirrung. Zuvor hatte er
       sich bereits mit IWF-Chefin Christine Lagarde angelegt und die Europäische
       Zentralbank (EZB) gerüffelt.
       
       Was ist nur mit Wolfgang Schäuble los? Auf der Jahrestagung von IWF und
       Weltbank in Tokio wurde er gleich unwirsch: Es sei schlicht „billig“,
       dieses „Euro-Bashing“ der vielen Ratgeber in Politik und Wirtschaft,
       grantelte der Finanzminister. Dann betonte er, Griechenland müsse die
       Sparauflagen umsetzen. Erst nach dem Bericht der internationalen Troika
       Ende Oktober werde entschieden, ob Athen mehr Geld erhalte. Damit
       verärgerte der oberste deutsche Kassenwart IWF-Chefin Lagarde, die sich für
       einen erneuten Schuldenschnitt und die Streckung der Sparpläne
       ausgesprochen hatte.
       
       Schäuble betonte dann, Deutschland sei „nicht das Land der Neinsager“,
       widersprach jedoch dem deutschen Vertreter in der EZB: Jörg Asmussen hatte
       vorgeschlagen, die Griechen sollten ihre hohe Schuldenquote durch den
       Rückkauf der eigenen Staatsanleihen senken. „Ich habe mir angewöhnt, nicht
       jeden Vorschlag, den ich flüchtig gelesen habe, gleich zu kommentieren“,
       ätzte Schäuble. Und: Die EZB solle sich mit öffentlichen Vorschlägen
       zurückhalten.
       
       Kaum war Schäuble in Singapur, der zweiten Station seiner Asienreise,
       angekommen, klang er ganz anders. „There will not be a Staatsbankrott“,
       eine Pleite werde es nicht geben. Zudem betonte er, es habe „keinen Sinn,
       über den Austritt Griechenlands aus der Eurozone zu spekulieren“.
       Deutschland wolle Griechenland wo immer möglich helfen.
       
       ## Ultimatum bis Donnerstag
       
       Noch im Frühjahr hatte Schäuble mit einem „Grexit“ gedroht, falls die
       Griechen die falsche Regierung wählen sollten. Und noch vor einer Woche,
       beim Treffen der Eurogruppe in Luxemburg, hatte er sich für ein Ultimatum
       bis zum EU-Gipfel am Donnerstag dieser Woche ausgesprochen. Wenn bis dahin
       nicht alle 90 Spar- und Reformvorgaben umgesetzt seien, werde es keine
       weitere Finanzhilfe mehr geben.
       
       Wie Schäubles Sinneswandel zustande kam, blieb zunächst offen. Vielleicht
       liegt es ja an der Troika: Nach einem Bericht des Spiegel fordern die
       Experten von IWF, EU und Europäischer Zentralbank, Griechenland zwei Jahre
       mehr Zeit für die Umsetzung der Sparpläne zu geben. Vielleicht liegt es
       aber auch an Kanzlerin Angela Merkel, die bei ihrem Besuch in Athen in der
       vergangenen Woche für einen Verbleib des Landes im Euro plädiert hatte.
       
       Immerhin in einem Punkt bekam Schäuble am Wochenende Rückendeckung: im
       Streit um die geplante europäische Bankenaufsicht. EZB-Chef Mario Draghi
       sagte, die neue Aufsichtsbehörde unter dem Dach der EZB sei nicht vor 2014
       arbeitsfähig sei. Genau das predigt Schäuble schon seit Wochen.
       
       14 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eric Bonse
       
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