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       # taz.de -- Politik und 'Ndrangheta in Italien: „Geheult und in die Hose geschissen“
       
       > Domenico Zambetti, Politiker der Berlusconi-Partei PdL, hat mit der
       > 'Ndrangheta zusammengearbeitet. Die Mafia-Bosse bezeichneten ihn als
       > „unseren Mann“.
       
   IMG Bild: Gekaufte Stimmen für den Erfolg: Domenico Zambetti.
       
       ROM taz | „Die Kraft der Kompetenz“ – so hieß der Slogan, mit dem Domenico
       Zambetti als Kandidat des Berlusconi-Lagers vor zwei Jahren in den
       Wahlkampf für das Regionalparlament der Lombardei zog.
       
       Das Motto funktionierte prächtig: Mehr als 11.000 Präferenzstimmen
       katapultierten den 60-Jährigen auf der Liste der Berlusconi-Partei PdL nach
       oben, brachten ihm am Ende das Ressort für Wohnungsfragen in der
       Regionalregierung im Norden Italiens ein.
       
       Doch offenbar war Zambetti auf dem falschen Feld nur allzu kompetent: Seit
       Mittwoch ist er in Haft, wegen Stimmenkauf und Unterstützung der mafiösen
       Vereinigung ’Ndrangheta. Gleich 4.000 seiner persönlichen Stimmen nämlich
       soll der gutmütig wirkende Provinzpolitiker mit dem gemütlich-rundlichen
       Gesicht bei seinen Freunden von der kalabrischen ’Ndrangheta erworben haben
       – zum Preis von 50 Euro pro Stimme.
       
       Seine Karriere – erst Verwaltungsdirektor im staatlichen Gesundheitsdienst,
       dann von 1995 bis 1999 Provinz- und seit 2000 Regionalabgeordneter – findet
       damit vorerst ihr Ende. Außer mit Geld hatte Zambetti sich bei den in der
       Lombardei ökonomisch höchst aktiven ’Ndrangheta-Bossen, mit dem Versprechen
       revanchiert, ihnen öffentliche Aufträge zuzuschanzen. „Wir wissen, dass es
       die Ausschreibung gibt, und er tut alles, damit wir den Zuschlag bekommen“,
       sagen zwei Bosse am Telefon, wie aus Abhörprotokollen hervorgeht.
       
       Dass die ’Ndrangheta-Bosse ihn daraufhin als „unseren Mann“
       klassifizierten, den sie „in der Hand haben“, überrascht nicht. Doch die
       Zusammenarbeit war nicht immer unproblematisch. Die Mafiosi mussten die
       Daumenschrauben anziehen, da der Politiker die letzte Rate über 80.000 Euro
       schuldig geblieben war. In einem Telefonat lästern sie, Zambetti habe bei
       einem Treffen „geheult und sich in die Hose geschissen“.
       
       „Er hat zur Stärkung der mafiösen Organisation beigetragen“, hält die
       Staatsanwaltschaft Mailand im Haftbefehl gegen ihn und 28 Bosse fest, ja er
       habe der ’Ndrangheta „erlaubt, in eines der Entscheidungszentren der Region
       vorzudringen“.
       
       Schon seit Jahren wussten die Fahnder, dass die kalabresische Mafia in
       Italiens reichster und bevölkerungsreichster Region aktiv ist – dass sie
       aber auch direkten Zugang zur Regionalregierung hatte, ist ein Novum. Die
       rechte Regionalregierung steht dank Zambetti womöglich vor dem schnellen
       Aus.
       
       11 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Michael Braun
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