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       # taz.de -- 1. Welt-Mädchentag: Gonorrhoe in Rosarot
       
       > Boys, Brüste, Blutung. Mädchen in der Pubertät müssen sich und die Welt
       > neu kennenlernen. Aufklärungseiten im Netz fehlt jedoch oft die
       > Kompetenz.
       
   IMG Bild: 1. Welt-Mädchen-Tag? Eher 1. Welt-Pink-Tag.
       
       BERLIN taz | Der erste Welt-Mädchentag der Vereinten Nationen soll auf die
       Benachteiligungen und Potenziale von Mädchen aufmerksam machen.
       Mädchen sein heißt nicht nur sich den Genderherausforderungen des Alltags
       zu stellen, Mädchen sein heißt für die meisten Pubertierenden in erster
       Linie sich selbst kennenzulernen.
       
       Internetseiten wollen bei der sexuellen Aufklärung helfen. Ohne kompetente
       Moderation und altersgerechten Inhalt sind sie jedoch oft nicht hilfreicher
       als die Mythen und Kichereien, die die Gleichaltrigen in der Klasse zu
       bieten haben.
       
       Der erste Googletreffer: maedchen.de: Der [1][Internetauftritt] der
       Zeitschrift Mädchen bietet eine große Auswahl an Aufklärungsthemen. In der
       Unterkategorie „Gefühle“ findet sich vieles zu den Themen Liebe, Körper und
       Sex. Gabi, die Frau Dr. Sommer der Zeitschrift, beantwortet Fragen über
       Kondome, kleine Brüste und Co. Alles in Ordnung soweit.
       
       Abgründe hingegen tun sich im „Aufklärungslexikon“ der Seite auf. Dort
       sollen gängige Begriffe erklärt werden. Dabei sind die Definitionen der
       Begriffe fraglich. Ernste Thematiken werden angestubst und schnell in
       Zuckerguss getunkt, damit sie die jungen Leserinnen nicht verstören. So
       beispielsweise die Erklärung zu Exhibitionisten: „Sie sind meistens völlig
       harmlos und greifen niemanden an, dennoch gelten sie als Sexualstraftäter.
       Alle Menschen haben manchmal exhibitionistische Gefühle, z. B. wenn man von
       dem Partner oder der Partnerin beim Ausziehen beobachtet wird.“
       
       ## HIV-positiv und schwanger
       
       Verhamlosende Darstellungen und kein Wort für Hilfesuchende prägen das
       Schema. Unter dem Begriff Geschlechtskrankheit findet man die Definition:
       „Oberbegriff für sexuell übertragbare Krankheiten.“ Abgesehen davon, dass
       die fünf Wörter der Erklärung fast genauso viele Buchstaben haben, wie der
       Begriff Geschlechtskrankheiten selbst, gibt es keine Details.
       Übertragungsart, wie man sich schützen kann und wo Betroffene Hilfe
       bekommen fehlen. Darunter nur der Beitrag einer Leserin: „Ich bin
       HIV-positiv und schwanger!!! Meine Welt ist ein Scherbenhaufen!!! Ich bin
       13 Jahre alt!!!“
       
       In der Kathegorie „Wie fühlst du dich gerade?“ können Mädchen (oder wer
       auch immer will) unkommentiert ihre Gefühle äußern. Die Themen die dort
       dominieren, haben jedoch nichts mit zaghaften Fragen zu Liebe zu tun. Die
       Kommentare bestehen aus unzensierten Beschmipfungen des Exfreundes,
       Darstellung der Drogensucht und Depressionen von Freundin und Eltern,
       Hasstiraden auf sich selbst mit Darstellungen der eignene
       Borderline-Symptome und Medikamentenabhängigkeit. Und das alles ohne
       Kommentar der Redaktion, ohne Löschung, ohne Hilfestellung, aber mit
       identifizierbarem Profilfoto der Mädchen.
       
       Mädchen.de strahlt in rosarot und bedient nach außen hin alle Klischees der
       kleinen Prinzessin. Mit den Sorgen, die zwischen dem pinken Floralmuster
       aufpoppen, scheint die Redaktion jedoch überfordert. Die Nöte der
       Jugendlichen bleiben unbetreut.
       
       Der Private: planet-liebe.de Auch wenn sich die [2][Webseite] definiert,
       sie wolle mit dem Projekt bei der Aufklärung von Jugendlichen im
       deutschsprachigen Raum helfen, sieht die Realität anders aus. Zwar gibt das
       Portal Informationen zu den körperlichen Veränderungen der Pubertät,
       Verhütung und Geschlechtskrankheiten, jedoch sind die Teilnehmer in der
       Forumsdiskussionen alles andere als unerfahren. Neben den besten
       Sexstellungen und der Vibratorensammlung werden Themen wie Emanzipation in
       der katholischen Kirche, der Sex-Skandal bei Ergo oder die Frauenqoute
       diskutiert.
       
       Planet-Liebe-Mitglied Nuvola schreibt: „Mir gefällt, dass jedes Alter
       vertreten ist und man nicht ausgelacht wird, wenn man Fragen stellt, die
       man sonst eher von einer 16-Jährigen erwarten würde.“ Über ihrem Beitrag
       ist ein Werbebanner für einen Online-Sexshop eingeblendet.
       
       Der redaktionelle Inhalt ist gut, das Forum jedoch ist ein Austausch für
       Frauen, nicht für kleine Mädchen. Es stellt sich die Frage, wie viel
       Offenheit über Sex ist angebracht für die Altersgruppe U15?
       
       Das Staatliche: loveline.de ist das [3][Aufklärungsportal] für Jugendliche
       der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Die Darstellung von Sex
       und Menstruation ähneln denen aus dem Biounterricht. Sie sind langweilig,
       bieder und wirken fern vom Lebensaltag der Jugendlichen. Im „Teste
       dich“-Bereich werden Fachwörter wie Hymen oder Menarch abgefragt.
       
       Das wichtigste jedoch ist, dass jeder Bereich mit Kommentarfunktion einen
       Rückkanal bietet. Fragen werden beantwortet, Einträge im Gästebuch von der
       Redaktion kommentiert, das Forum wird betreut. Jeder Kommentator bleibt
       anonym, beleidigende und identifizierende Beiträge werden nicht
       freigeschaltet.
       
       ## Ganz ohne Prinzessinnenstereotyp
       
       Zur Folge hat dieses System, dass in der Forumsdiskussion zu
       Homosexualität, jeder Kommentator beteuert, wie cool er Schwule und Lesben
       findet. Dazu wirken einige Fragen wie von der Redaktion gestellt. Im
       Bereich zum Thema Frauenarzt fragt ein Mädchen: „Ich habe gehört, dass man
       beim Frauenarzt einen Test auf Chlamydien machen lassen kann. Warum wird er
       gemacht und kostet er etwas?“
       
       Auch wenn das Portal langweilig und lehrerhaft auftritt, werden die Mädchen
       (und Jungen) gut betreut. Und das ganz ohne Prinzessinnenstereotyp und rosa
       Floralkrampf.
       
       11 Oct 2012
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.maedchen.de/gefuehle-liebe-seele-93947.html
   DIR [2] http://www.planet-liebe.de/
   DIR [3] http://www.loveline.de
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Svenja Bednarczyk
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
   DIR Befragung
   DIR Pubertät
       
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