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       # taz.de -- Ratingagentur senkt Kreditwürdigkeit: Spanien kurz vor Verramschung
       
       > Die Ratingagentur Standard & Poors wertet Spanien um zwei Stufen ab. Das
       > Mittelmeerland steht damit kurz vor dem Ramschstatus.
       
   IMG Bild: Schlechte Aussichten für Spanien.
       
       MADRID taz | Die Ratingagentur Standard & Poors (S&P) hat Spanien
       aufgegeben. Sie stufte die Kreditwürdigkeit des Landes gestern um zwei
       Stufen ab. Damit ist Spanien nur noch einen Schritt vom sogenannten
       Ramschstatus entfernt. Käme es dazu, würden Darlehen an Spanien als
       „hochspekulativ“ gelten. Der spanische Staat, die hochverschuldeten
       spanischen Regionen, aber auch die Wirtschaft des Landes wären damit
       endgültig von den Finanzmärkten abgeschnitten.
       
       Zur Begründung führt S&P an, dass Spaniens Wirtschaft 2013 nicht um die
       prophezeiten 0,5 Prozent schrumpfen wird, sondern um bis zu 1,4 Prozent.
       Der Ende September vorgestellte Haushalt für 2013 ist damit obsolet, bevor
       er überhaupt durchs Parlament gegangen ist.
       
       „Spanien durchlebt eine starke wirtschaftliche Rezession, die zu weiterem
       sozialem Unmut und zu weiteren Spannungen zwischen der Zentralregierung und
       den regionalen Regierungen führen kann“, verweist die Agentur auf die
       zunehmenden Demonstrationen und den Ruf nach Unabhängigkeit der
       Nordost-Region Katalonien.
       
       ## Kurz vor Ramschniveau
       
       Alle warten auf die nächste Abwertung. Denn bei Moodys ist Spanien seit
       Frühsommer bereits dort, wo S&P das Land jetzt angesiedelt hat. Eine
       Abstufung auf Ramschniveau droht noch für diesen Monat. Und bei der dritten
       Agentur im Bunde, bei Fitch, ist Spanien seit August nur drei Stufen vom
       Ramsch entfernt, „Tendenz negativ“.
       
       Die Abstufung durch S&P ist nicht die erste schlechte Nachricht in dieser
       Woche für die konservative Regierung von Mariano Rajoy. Der Internationale
       Währungsfonds (IWF) veröffentlichte zu Wochenbeginn einen Bericht, nach dem
       Spanien erst 2017 die geforderten 3 Prozent des Haushaltsdefizits erfüllen
       könne. Geplant ist dies eigentlich für 2014.
       
       Insgesamt prognostiziert der IWF Spanien mehr als zehn Jahre Krise. Der IWF
       befürchtet gar einen Risikozuschlag von 750 Punkte für die Staatsanleihen.
       Bereits für den Haushalt 2013 sind 38 Milliarden Euro für Zinszahlungen
       eingeplant. Das ist mehr, als alle Ministerien zusammen zur Verfügung
       haben.
       
       ## Ohne Rettungsschirm keine Hilfe von der EZB
       
       Eigentlich wollte die Europäische Zentralbank (EZB) gerade diesen Zinsdruck
       von Spanien und auch vom nächsten europäischen Opfer der Finanzmärkte,
       Italien, nehmen, indem sie Staatsanleihen der beiden Länder aufkauft. Nur,
       damit dies geschieht, müsste der Antragsteller unter den Rettungsschirm
       schlüpfen. Dies war ein Zugeständnis an die Bundesregierung in Berlin und
       an die anderen Länder, die noch immer mit einer Topbonität die höchste
       Vertrauenswürdigkeit auf den Finanzmärkten genießen.
       
       Eigentlich hoffte Madrid darauf, dass ein Eingreifen der EZB ein Gesuch an
       den Rettungsschirm verhindern könne. Denn mit niedrigeren Zinsen würden die
       Haushaltsrechnungen aufgehen. Am Sparwillen fehlt es schließlich nicht. Die
       Regierung Rajoy zögert deshalb. Und aus Berlin kommt von
       Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) das Signal, abzuwarten. Die
       EZB-Maßnahme ist gescheitert, bevor sie überhaupt zu Anwendung kam.
       
       Bei den Sparmaßnahmen geht es längst ans Eingemachte. In der Stadt Madrid
       fahren 13 Prozent weniger U-Bahn-Züge als bisher, im gesamten
       Bildungsbereich wurden mehr als 40.000 Stellen abgebaut, die
       Arbeitslosigkeit steigt unaufhörlich in Richtung 7 Millionen – und zum
       ersten Mal in der Geschichte Spaniens hat das Rote Kreuz um
       Lebensmittelspenden „für Menschen in unserem Land“ gebeten. 300.000 Spanier
       leiden laut der internationalen Hilfsorganisation Hunger.
       
       11 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reiner Wandler
       
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