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       # taz.de -- Gesetzentwurf des Bundeskabinetts: Beschneidung wird legalisiert
       
       > Das Kabinett hat einen Gesetzentwurf verabschiedet, der Straffreiheit und
       > Rechtssicherheit für Beschneidungen vorsieht. Der Zentralrat der Juden
       > ist zufrieden.
       
   IMG Bild: Beschneidungsbesteck in den Räumen der Israelitischen Kultusgemeinde in Hof.
       
       BERLIN dapd | Die religiöse Beschneidung von Jungen soll in Deutschland
       straffrei bleiben, jüdische und muslimische Eltern sollen sie künftig erst
       nach einer Aufklärung über die medizinischen Risiken veranlassen können.
       Das Bundeskabinett hat am Mittwoch einen entsprechenden Gesetzentwurf
       verabschiedet, wie das Bundesjustizministerium bestätigte. Eine
       Beschneidung von Jungen wäre damit zulässig, wenn sie nach den Regeln der
       ärztlichen Kunst erfolgt und das Kindeswohl nicht gefährdet.
       
       Hintergrund des Gesetzes ist ein Urteil des Kölner Landgerichts, das die
       Beschneidung eines Jungen als rechtswidrige Körperverletzung gewertet
       hatte. Die Bundesregierung, aber auch die Fraktionen des Deutschen
       Bundestages wollen den alten Ritus daher per Gesetz legitimieren und auf
       diese Weise Rechtssicherheit für Juden und Muslime schaffen.
       
       „Der heutige Beschluss des Kabinetts ist bereits ein wichtiges Signal, um
       die entstandene Verunsicherung zu beseitigen“, sagte Bundesjustizministerin
       Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) am Mittwoch in Berlin und fügte
       hinzu: „Es ist ein guter Tag, der dazu beiträgt, dass wieder mehr
       Rechtssicherheit eintreten wird. Die parlamentarischen Beratungen können
       jetzt intensiv aufgenommen werden.“
       
       Der Zentralrat der Juden zeigte sich zufrieden mit dem Gesetzentwurf der
       Bundesregierung. „Der Gesetzentwurf ist sehr gelungen und geglückt“, sagte
       Zentralratspräsident Dieter Graumann am Mittwoch dem Fernsehsender Phoenix.
       Die Politik in Deutschland habe zügig, verantwortungsbewusst und sensibel
       gehandelt. „In diesem Fall haben unsere Politiker viel Lob und Respekt
       verdient“, hob Graumann hervor. Zuvor hatte das Bundeskabinett dem
       Gesetzentwurf zugestimmt.
       
       Zur geplanten Qualifikation von Beschneidern sagte Graumann, es müsse
       überlegt werden, wie eine solche Zertifizierung vorgenommen werde. Dabei
       gehe es um die Frage der Schmerzlinderung und der Schmerzbehandlung. „Diese
       Dinge gab es bisher nicht. Hier müssen wir auch selbst unsere Hausaufgaben
       machen“, sagte der Zentralratspräsident. Zugleich verwies er auf eine
       jahrtausendelange Erfahrung mit der Beschneidung. „Wir sind doch keine
       Gruppe von Sadisten und Masochisten“, betonte Graumann.
       
       ## Zentralrat der Muslime wünscht Nachbesserungen
       
       Der Zentralrat der Muslime forderte derweil Nachbesserungen an dem
       Gesetzentwurf. Der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime, Aiman Mazyek,
       stellte im Bayerischen Rundfunk den Begriff des „Kindeswohlvorbehalts“
       infrage. Dieser Punkt sollte noch diskutiert werden. Insgesamt gehe der
       Gesetzentwurf aber in die völlig richtige Richtung, sagte Mazyek. Damit
       werde das „unmissverständliche Signal von Deutschland“ ausgehen, dass Juden
       und Muslime nicht kriminalisiert würden. Außerdem werde wieder
       Rechtssicherheit geschaffen.
       
       Nach den Vorstellungen von Grünen-Chef Cem Özdemir sollte der Bundestag
       ohne Fraktionszwang über das neue Beschneidungsgesetz abstimmen. „Die Frage
       der Beschneidung von Jungen ist keine, die per Mehrheitsbeschluss in
       Parteien entschieden werden sollte“, sagte Özdemir. Deswegen sei der
       Vorschlag richtig, die Abstimmung im Parlament vom Fraktionszwang zu
       befreien.
       
       10 Oct 2012
       
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