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       # taz.de -- Elf Länder stimmen zu: Finanztransaktionssteuer kommt
       
       > Elf EU-Staaten stimmen nun einer Finanztransaktionssteuer zu. Damit ist
       > eine wesentliche Hürde genommen. Über die Ausgestaltung und Verwendung
       > herrscht jedoch Uneinigkeit.
       
   IMG Bild: Luft raus? Die Finanztransaktionssteuer soll helfen.
       
       LUXEMBURG dapd | Nach hartem Ringen ist die Tür zur
       Finanztransaktionssteuer in Deutschland und einer Gruppe weiterer
       EU-Staaten aufgestoßen: Die notwendige Mindestzahl von neun Ländern sei
       übertroffen, sagte EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta am Dienstag auf einem
       Treffen der EU-Finanzminister. Zuletzt hätten Estland, Spanien, Italien und
       die Slowakei mündlich zugesagt, die Abgabe einführen zu wollen, sodass die
       Gruppe nun elf Länder groß sei.
       
       Die Abgabe auf Geldgeschäfte ist seit Jahren ein europäisches Streitthema.
       Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der frühere französische Staatschef
       Nicolas Sarkozy hatten sie zu einem Prestigeprojekt erkoren. Mit der Steuer
       sollen der Anreiz für Spekulationen gesenkt und Geld aus der Branche
       eingesammelt werden.
       
       In vielen Hauptstädten gibt es massiven Widerstand, insbesondere in der
       Londoner City und in Stockholm. Und auch Euroländer wie Luxemburg und die
       Niederlande machen nicht mit. „Drei unabhängige Studien haben uns die
       verheerenden Auswirkungen bescheinigt“, sagte Schatzmeister Jan Kees de
       Jager aus Den Haag. „Deswegen sind wir dagegen.“
       
       ## Griechenland mit im Boot
       
       Auch in der Berliner Regierungskoalition wurde lange gestritten.
       Schließlich beugte sich die FDP und akzeptiert nun auch, dass die
       Finanztransaktionssteuer als erster Schritt in einer Gruppe von Vorreitern
       eingesetzt wird. In den EU-Verträgen ist dafür das Instrument der
       sogenannten verstärkten Zusammenarbeit vorgesehen, wofür sich mindestens
       neun Länder zusammentun müssen.
       
       Als einer der letzten Staaten hatte Griechenland am Montag seine
       Unterschrift eingereicht: einen Tag vor dem Besuch Merkels in Athen. Zu den
       Antreibern gehören neben Deutschland und Frankreich auch Österreich.
       Weitere Briefe hatte Semeta schon vor Dienstag aus Belgien, Slowenien und
       Portugal erhalten.
       
       Die Mindestzahl von neun Steuer-Freunden ist nun sogar um zwei übertroffen;
       bis zur tatsächlichen Einführung ist es aber noch ein weiter Weg:
       Steuerkommissar Semeta muss – sobald alle Unterschriften vorliegen – einen
       Vorschlag machen. Das soll bis zum November erfolgen. Aber auch die Gegner
       müssen das Vorpreschen der Vorreiter absegnen. Der britische Schatzkanzler
       George Osborne stellte dafür Bedingungen: Er will vorher genau wissen,
       welche Geschäfte wie hoch besteuert werden sollen, und welche
       wirtschaftlichen Auswirkungen das haben wird.
       
       ## Streit über Verwendung
       
       Eine weitere Hürde: Die willigen Länder müssen sich auch darauf einigen,
       wie sie die erhofften Einnahmen ausgeben wollen. Die österreichische
       Ressortchefin Maria Fekter sagte am Dienstag, das Geld könne „für
       gemeinsame Sicherheitsnetze wie die Einlagensicherung, die Liquidation von
       Banken oder den Abbau der Schuldenberge“ verwendet werden. Sie könne ihren
       Landsleuten nicht vermitteln, „dass wir beispielsweise die Sparguthaben der
       Zyprioten sichern müssten. Da soll es eine neue Quelle geben“.
       
       Das jedoch ist mit Berlin nicht zu machen. Die Position von
       Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU): Das Geld muss in den
       nationalen Haushalt fließen. Dennoch gibt sich die Regierung
       zuversichtlich: Man hoffe, dass bis zum Ende des Jahres die verstärkte
       Zusammenarbeit begründet werden könne, sagte Botschafter Peter Tempel.
       
       9 Oct 2012
       
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