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       # taz.de -- V-Mann-Verdacht gegen NSU-Helfer: Erfolglose Suche nach Spitzel-Liste
       
       > Nach dem Durchforsten hunderter Akten hält das Innenministerium den
       > V-Mann-Verdacht gegen den mutmaßlichen NSU-Helfer Ralf Wohlleben für
       > ausgeräumt.
       
   IMG Bild: Suchspaß ohne Ende: Aktenordner in Reih und Glied.
       
       BERLIN taz | „Mutmaßlicher NSU-Mordwaffenbeschaffer Ralf Wohlleben unter
       V-Mann-Verdacht“: Als diese Meldung vor zehn Tagen in der Presse landete,
       war der Wirbel groß. Vor allem auch weil die Quelle für die Vermutung so
       seriös ist.
       
       Es war ein Karlsruher Bundesanwalt, Hans-Jürgen Förster, der sich zu
       erinnern glaubte, während seiner Zeit im Bundesinnenministerium vor rund
       zehn Jahren in Verbindung mit dem damaligen NPD-Verbotsversuch eine Liste
       mit V-Leuten in der Partei gesehen zu haben – samt Wohllebens Namen.
       
       Seitdem haben sich Mitarbeiter des Innenministeriums, des Bundesamts für
       Verfassungsschutz sowie Förster selbst auf die Suche nach der ominösen,
       angeblich DIN-A3-Format großen Tabelle gemacht, die der Bundesanwalt vor
       Augen hatte. 345 Aktenordner seien durchstöbert worden, schrieb das
       Bundesinnenministerium nun an den NSU-Untersuchungsausschuss des
       Bundestags. Doch die von Förster beschriebene Liste sei nirgendwo
       aufgetaucht.
       
       Der Grund, warum der Bundesanwalt sich auch Jahre später so gut an den
       Namen Wohlleben zu erinnern meinte, war ein zweiter markanter Name, der mit
       diesem zusammen auf der vermeintlichen V-Mann-Liste aufgetaucht sei. Der
       Name ist der taz bekannt.
       
       Dieser zweite Mann taucht tatsächlich in den nun durchforsteten Akten des
       Bundesinnenministeriums und des Bundesamts für Verfassungsschutz auf – als
       einer von angeblich acht V-Leuten des Bundesamts für Verfassungsschutz in
       den Vorständen der rechtsextremen NPD von 1996 bis 2002. Aber eben nur er –
       und nicht Wohlleben.
       
       ## Landeskriminalämter wissen von nichts
       
       Zumindest für die Polizeibehörden und Geheimdienste des Bundes hält das
       Innenministerium den V-Mann-Verdacht nun für ausgeräumt. Auch fast alle
       Landesverfassungsschutzämter und Landeskriminalämter hätten inzwischen
       beteuert, Wohlleben nicht als bezahlten Informanten in der Neonaziszene
       angeheuert zu haben. „Ein Dokument, das Wohlleben als V-Mann aufführt,
       existierte und existiert nach den Feststellungen des
       Bundesinnenministeriums nicht“, heißt es in dem Schreiben an den
       NSU-Ausschuss.
       
       Was es 1999 im Bundesamt für Verfassungsschutz aber gegeben habe, sei die
       Überlegung, Wohlleben als Spitzel anzuwerben. Davon habe aber der Thüringer
       Verfassungsschutz abgeraten, der mit der Idee davor schon gescheitert sei.
       
       Der Thüringer Neonazi und Ex-NPD-Funktionär Wohlleben sitzt seit November
       2011 in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm Beihilfe zu
       neun der zehn NSU-Morde vor. Den V-Mann-Verdacht hatte Wohlleben über seine
       Anwältin zurückweisen lassen. Zum Vorwurf der Mordbeihilfe schweigt er.
       
       9 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Wolf Schmidt
       
       ## TAGS
       
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