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       # taz.de -- Konsequenz der Spitzelaffären: Justizministerin für V-Mann-Gesetz
       
       > FDP-Ministerin Leutheusser-Schnarrenberger fordert ein Gesetz über die
       > V-Leute bei Sicherheitsbehörden. Doch das Bundesinnenministerium
       > blockiert.
       
   IMG Bild: Sie will ein V-Mann-Gesetz, er blockiert: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Hans-Peter Friedrich.
       
       BERLIN taz | Muss der Einsatz von V-Leuten gesetzlich geregelt werden?
       Darüber bestehen in der Bundesregierung unterschiedliche Auffassungen.
       Während Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) „klare
       und restriktive gesetzliche Grundlagen“ fordert, will Innenminister
       Hans-Peter Friedrich (CSU) davon nichts wissen.
       
       V-Leute gibt es bei der Polizei und beim Verfassungsschutz. Diese
       „Vertrauenspersonen“ sind – im Unterschied zu verdeckten Ermittlern – keine
       staatlichen Beamten, sondern Privatpersonen, die zu der Szene gehören, die
       ausgeforscht werden soll. Sie liefern gegen Geld oder andere Vorteile
       Informationen über Aktivitäten und Ziele ihrer Kumpanen. Auch mehrere
       Personen im Umfeld der rechten Terrorgruppe NSU waren V-Leute. Deshalb
       fordern nun neben der Justizministerin auch SPD, Grüne und FDP eine
       gesetzliche Regelung für deren Tätigkeit.
       
       Im Gesetz über den Bundesverfassungsschutz heißt es bisher nur, das
       Bundesamt dürfe „Instrumente zur heimlichen Informationsbeschaffung wie den
       Einsatz von Vertrauensleuten“ nutzen. Näheres ist in der (geheimen)
       Dienstvorschrift „Beschaffung“ geregelt. In deren Nr. 9 heißt es zum
       Beispiel: „Der VM hat Informationen nur entsprechend seinem Auftrag zu
       beschaffen. Er darf weder die Zielsetzung noch die Aktivitäten eines
       Beobachtungsobjektes entscheidend bestimmen.“
       
       Leutheusser-Schnarrenberger will im Gesetz klare Regeln zum „Anwerben,
       Führen und zur Kontrolle von V-Leuten“ festhalten, erklärte eine Sprecherin
       des Ministeriums auf taz-Anfrage. Die Grünen arbeiten sogar schon an einem
       Gesetzentwurf. Dort soll zum Beispiel geregelt werden, dass Rechtsextreme
       mit vielen Vorstrafen oder in führenden Positionen nicht V-Leute beim
       Verfassungsschutz werden können. Doch auch V-Leute der Polizei waren im
       NSU-Umfeld tätig, wie das Beispiel von Thomas S. zeigte, der dem
       Neonazi-Trio Sprengstoff lieferte und später als V-Mann für das Berliner
       Landeskriminalamt spitzelte.
       
       ## Einschlägige Strafprozessordnung
       
       Für polizeiliche V-Personen ist die Rechtslage noch dünner. Nur in
       vereinzelten Landesgesetzen, wie in Niedersachsen, gibt es gesetzliche
       Regelungen. Soweit die Polizei Straftaten aufklärt, ist aber die
       Strafprozessordnung einschlägig – ein Bundesgesetz, für das das
       Justizministeriums zuständig ist.
       
       Leutheusser-Schnarrenberger könnte also selbst einen Gesetzentwurf zur
       Regelung polizeilicher V-Leute vorlegen. Sie will jedoch die Ergebnisse
       einer Bund-Länder-Regierungskommission zur Aufklärung des NSU-Terrors
       abwarten.
       
       Alle vorgeschlagenen gesetzlichen Regelungen hätten den NSU-Terror nicht
       verhindern können. Hauptproblem der V-Leute im Umfeld der NSU war, dass
       ihre Hinweise auf das untergetauchte Thüringer Trio im Apparat versandeten.
       
       Teilweise wurden sie – aus Unfähigkeit oder übertriebenem Quellenschutz –
       nicht einmal an die Vorgesetzten der V-Mann-Führer innerhalb der jeweiligen
       Behörde weitergeben.
       
       8 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
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