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       # taz.de -- Eis-Maximum am Südpol: Begeisterte Pinguine
       
       > In der Antarktis gibt es mehr Eis als vor 30 Jahren. Ist die Erderwärmung
       > womöglich doch nicht so schlimm? Ein Experte äußert eine klare Meinung:
       > „Unsinn!“
       
   IMG Bild: Dickes Antarktis-Eis. Da lacht der Pinguin.
       
       STOCKHOLM taz | „Eine Tracht Prügel“ hätten all diejenigen bezogen, die die
       Rekordschmelze des arktischen Eises in diesem Sommer als deutlichen Beweis
       für den fortschreitenden Klimawandel werteten.
       
       Neue Untersuchungen aus der Antarktis hätten die [1][„Klima-Alarmisten“
       widerlegt], triumphierte ein Kolumnist des US-Wirtschaftsmagazins Forbes.
       Er verweist auf [2][Messungen] des US-amerikanischen National Snow and Ice
       Data Center (NSIDC), wonach es zeitgleich mit der Eisschmelze im Norden am
       winterlichen Südpol ein Eis-Maximum gab.
       
       Tatsächlich zeigten Satellitendaten der Nasa von Ende September eine
       Ausdehnung der Eisfläche in den antarktischen Gewässern, die mit 19,44
       Millionen Quadratkilometern größer war als je zuvor seit Beginn dieser
       Messungen vor 33 Jahren. Die Eisfläche lag damit rund eine Million
       Quadratkilometer über dem Durchschnitt der Jahre 1979 bis 2000.
       
       Zu einem ähnlichen Ergebnis kamen US-Meeresforscher in einem [3][Artikel in
       der Zeitschrift] [4][Oceanography]. Sie verglichen die Ausdehnung des
       antarktischen Meereises in den letzten fünf Jahren mit dem
       Fünfjahreszeitraum von 1979 bis 1983.
       
       Aller messbaren Erwärmung der Erdatmosphäre zum Trotz habe das Eis in der
       jüngsten Vergangenheit tatsächlich eine geringfügig größere Ausdehnung
       gehabt als drei Jahrzehnte zuvor. Die Forscher erklären dieses Phänomen mit
       der „einzigartigen Beschaffenheit der antarktischen Meereiszone“ und der
       noch kaum erforschten Wechselwirkung zwischen dem Eis, dem Ozean, der
       Atmosphäre und dem Ökosystem des Kontinents.
       
       ## Änderungen in der Arktis früher sichtbar
       
       Die Frage, ob es eine Art „Eisbalance“ gibt, bei der der Eisverlust am
       Nordpol von einem Zuwachs im Süden kompensiert wird, beantwortet
       NSIDC-Direktor Mark Serreze jedenfalls eindeutig: [5][„Unsinn.“] So sei der
       Verlust im Norden viel größer als der Zuwachs im Süden. Überdies gingen
       alle gängigen Klimamodelle davon aus, dass die Änderung des globalen Klimas
       sich sich in der Arktis früher und intensiver zeige.
       
       „Die physische Geografie der beiden Hemisphären ist sehr unterschiedlich“,
       so Serreze weiter. „Deshalb verhalten sie sich auch ganz unterschiedlich.“
       Man könne grundsätzlich die Arktis – ein von Land umgebenes flaches
       Ozeanbassin, in dem sich eine Erwärmung des Meerwassers unmittelbar
       auswirkt – nicht mit der Antarktis vergleichen.
       
       Auf dem dick vereisten und von offenen Ozeanen umgebenen Kontinent hänge
       die Eismenge viel stärker von Winden und Meeresströmungen ab als von
       Temperaturveränderungen. Die neuesten Antarktis-Zahlen schätzt er daher
       auch als „nicht überraschend“ ein.
       
       Die Ausdehnung des Meereises in der Antarktis schwankt stark in
       Abhängigkeit von den Jahreszeiten. Im dortigen Sommer schrumpft die
       Eismasse vom winterlichen Maximum – rund 19 Millionen Quadratkilometer – um
       auf nur mehr drei bis vier Millionen Quadratkilometer zusammen.
       
       ## Altes Eis verschwunden
       
       Doch von einem Sommer zum nächsten sind die Unterschiede gering. Kein
       Vergleich mit den rapiden Änderungen beim arktischen Sommereis: Am Nordpol
       hat sich nicht nur die Ausdehnung des Meereises extrem vermindert, sondern
       auch seine Struktur hat sich verändert. Älteres, kompaktes und damit
       relativ beständiges Eis ist dort [6][fast vollständig verschwunden].
       
       Dass das Antarktiseis hingegen bislang noch weitgehend unbeeinflusst von
       der Meereserwärmung ist, führen Ozeanografen vor allem auf die
       verschiedenen Temperaturschichten in den südlichen Ozeanen zurück. An der
       Oberfläche schütze dort eine Schicht aus kaltem Wasser das Meereis.
       
       Dieser Schutz aber drohe durch die fortschreitende Erwärmung zu
       verschwinden. Und wenn erst einmal die Schutzzone aus Meereis zu schmelzen
       beginne, könnte dies schnell auch die kontinentale Eisdecke der Antarktis
       destabilisieren.
       
       8 Oct 2012
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.forbes.com/sites/jamestaylor/2012/10/04/the-skeptics-are-thrashing-the-alarmists-in-the-global-warming-debate/
   DIR [2] http://nsidc.org/arcticseaicenews/
   DIR [3] http://www.tos.org/oceanography/archive/25-3_maksym.html
   DIR [4] http://www.tos.org/oceanography/archive/25-3_maksym.html
   DIR [5] http://www.csmonitor.com/Environment/Latest-News-Wires/2012/0921/While-Arctic-melts-Antarctic-ice-hits-record.-Is-warming-debunked
   DIR [6] http://nsidc.org/asina/images//Figure5_october_2012.png
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reinhard Wolff
       
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