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       # taz.de -- Urheberschutz in Japan: Zwei Jahre Knast pro Download
       
       > In Japan ist ein neues Gesetz gegen illegale Downloads in Kraft getreten.
       > Es sieht drakonische Geld- und Haftstrafen vor. Aber das Gesetz hat
       > Lücken.
       
   IMG Bild: Free MP3-Download. Da freut sich der Benutzer – noch.
       
       BERLIN taz | Japan hat weltweit eines der härtesten Gesetze zur Verfolgung
       illegaler Downloads. Das Herunterladen urheberrechtlich geschützter Filme
       oder Musik aus dem Internet kann ab ab dem 1. Oktober 2012 mit zwei Jahren
       Haft und zwei Millionen Yen (rund 20.000 Euro) pro Download bestraft
       werden.
       
       Bisher mussten nur Anbieter, die geschütztes Material illegal geboten
       hatten, mit einer Haftstrafe rechnen. Sie konnten mit bis zu zehn Jahren
       Gefängnis und einer Geldstrafe von umgerechnet bis zu 100.000 Euro belangt
       werden.
       
       Das neue Gesetz schließt auch private, nicht-kommerzielle Nutzer ein.
       Bisher verbot das japanische Recht bereits Downloads ohne kommerziellem
       Interesse. Die Delikte wurden jedoch nur zivilrechtlich verfolgt und nicht
       von staatlicher Seite mit einer Gefängnis- oder Geldstrafe belegt.
       
       Mit massiver Unterstützung durch die Musikindustrie-Lobbyisten der
       Recording Industry Association of Japan (RIAJ) war die Gesetzesnovelle
       bereits im Juni verabschiedet worden. Laut RIAJ stammen neun von zehn
       Downloads in Japan aus illegalen Quellen.
       
       Die Industrie beklagte den Rückgang des Gesamtmarktes im Jahr 2011 um
       sechzehn Prozent. Die Zahl der raubkopierten Musikdateien schätzt die RIAJ
       auf 4,36 Milliarden, was einem Verlust von 668 Milliarden Yen entspricht.
       Kritiker bezeichnen die neue Regelung als drakonisch und deutlich
       überzogen.
       
       In der Europäischen Union stand Anfang Juli 2012 ein ähnliches Vorhaben
       kurz vor dem Abschluss. Zur Bekämpfung von Produktpiraterie und
       Urheberrechtsverletzungen hatten die Verhandlungspartner bereits 2006 am
       Rande des G8-Gipfels in St. Petersburg mit Vorgesprächen unter dem Namen
       Acta (Anti-Counterfeiting Trade Agreement) begonnen
       
       In einer weltweiten Online-Unterschriftenaktion, initiiert von der
       politischen Internet-Plattform [1][Avaaz], sowie durch die anhaltenden
       Massenproteste in vielen europäischen Ländern, wurde das Gesetz schließlich
       am 4. Juli 2012 vom Europäischen Parlament mit großer Mehrheit abgelehnt.
       Die USA, Australien und Japan hingegen hatten Acta bereits Oktober 2011
       unterzeichnet.
       
       Im Gegensatz zu Japan kam in Portugal die Generalstaatsanwaltschaft zu
       einem vollkommen anderen Urteil beim Thema Filesharing, wie die direkte
       Weitergabe von Daten – etwa Musik, Videos und Computerspiele – genannt
       wird. Das Teilen urheberrechtlich geschützter Werke stelle keine
       Gesetzeswidrigkeit dar, sofern es der privaten Nutzung diene.
       
       Sowohl das Herunterladen als auch das Hochladen sei gesetzeskonform, da das
       Recht auf Bildung, Kultur und freie Meinungsäußerung im Internet nicht
       beschränkt werden dürfe. Dies träfe auf Urheberrechtsverletzungen zu, die
       eindeutig kein kommerzielles Interesse verfolgten. Damit Filesharing
       strafbar sein könne, müssten die Rechteinhaber selbst deklarieren, dass sie
       Privatkopien ihrer Werke nicht zulassen.
       
       Das Urteil ist das Ergebnis einer Anzeige der portugiesischen
       Anti-Piraterie-Vereinigung Acapor. Sie hatte 2011 in einer öffentlichen
       Aktion 2.000 IP-Adressen von vermeintlichen Filesharern an die
       Staatsanwaltschaft überreicht und ihre strafrechtliche Verfolgung
       gefordert. Auch das oberste Gericht der Niederlande beschäftigte sich mit
       der Frage, ob Privatkopien aus illegalen Quellen überhaupt illegal sein
       könnten. Dafür setzte sich das Gericht mit dem Europäischen Gerichtshof in
       Verbindung.
       
       In Deutschland ist die Rechtslage ebenfalls kompliziert. Da ein Download
       per se eine Kopie darstelle, ist nicht nur das Herstellen einer Kopie von
       einer Originalquelle, wie etwa bei einer Film-DVD, untersagt. Seit 2008 ist
       deshalb auch „die Kopie einer Kopie", die ein Download aus illegalen
       Quellen darstelle, verboten.
       
       Die neue japanische Gesetzgebung lässt laut [2][Japan Times] aber noch
       wichtige Fragen offen. S können zum Beispiel Downloads illegal hoch
       geladener Inhalte nur dann bestraft werden, wenn der Nutzer sich der
       Illegalität der Quelle bewusst war. Wie der Strafverfolger dies feststellen
       soll, ist nicht festgelegt.
       
       7 Oct 2012
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.avaaz.org/de/
   DIR [2] http://www.japantimes.co.jp/text/nn20120711f1.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ceyhan Genç
       
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