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       # taz.de -- Skandinavische AKW im Stresstest: Eine Stunde bis zum GAU
       
       > Skandinavische Atomanlagen sind wegen Schnee und Eis gefährdet. Bei einem
       > Stromausfall könnten einige die Kühlung nur kurz aufrechterhalten.
       
   IMG Bild: Die Risiken sind bekannt: Greenpeace beim Protest auf dem Gelände des AKW Forsmark.
       
       STOCKHOLM taz | Selbst die skandinavischen Atomkraftgegner zeigten sich
       überrascht von dem, was bei dem europaweiten AKW-Stresstest für die Anlagen
       in ihren Ländern herausgekommen ist: „Wir waren geschockt, als uns klar
       wurde, wie ernst die Sicherheitsdefizite sind“, sagt Martina Krüger,
       Energieexpertin von Greenpeace Skandinavien.
       
       Der abschließende Bericht der EU-Kommisson liegt noch nicht vor, Anfang der
       Woche war allerdings ein [1][Entwurf bekannt geworden]. Die
       Umweltschutzorganisation legte am Dienstag einen eigenen Rapport „Riskabla
       reaktorer“ vor, in dem sie sich auf die gleichen Daten beruft, die die
       schwedische Strahlenschutzbehörde SSM nach Brüssel geliefert hat.
       
       Der EU-Entwurf stellt vier Reaktoren als besonders riskant heraus: Bei
       ihnen könnte ein Ausfall der Stromversorgung oder des Kühlsystems nicht
       länger als eine Stunde kompensiert werden. Das Personal habe also 60
       Minuten Zeit, das Problem in den Griff zu bekommen.
       
       Dazu gehören das schwedische AKW Forsmark und das finnische Olkiluoto. Dass
       die simulierten Gefahren ernst zu nehmen sind, zeigte der Beinahe-GAU in
       Forsmark am 25. Juli 2006: Dort konnte nach einem Kurzschluss und dem
       Ausfall der Notstromversorgung eine Kernschmelze gerade noch verhindert
       werden.
       
       ## Unzureichend geschützt
       
       Die meisten Schwachstellen, die die Behörden für Forsmark und Olkiluoto
       nannten, gelten für alle 14 schwedischen und finnischen Reaktoren. Diese
       gehören weltweit zu den ältesten. Sie sind völlig unzureichend gegen
       Terroranschläge und Sabotage geschützt und liegen zudem alle an der Küste
       und kühlen direkt mit Meerwasser. So sind sie besonders gefährdet bei
       Erdbeben oder Tsunamis.
       
       Die Dieselgeneratoren im AKW Forsmark etwa würden schon überschwemmt, wenn
       das Wasser um 2,50 Meter steigt. Die Kühlwasserzufuhr wäre nicht nur bei
       einem Stromausfall blockiert, auch extremer Eisgang in der Ostsee ist eine
       Gefahr. In der Vergangenheit verstopfte schon einmal eine Quallenplage die
       Kühlrohre.
       
       Überhaupt ist der skandinavische Winter riskant: Laut Greenpeace könnte das
       Dach des 38 Jahre alten westschwedischen Reaktors Ringhals bei größeren
       Schneemengen einstürzen und die Brennelemente oder das Kühlsystem
       beschädigen.
       
       Vattenfall reagierte auf die Kritik mit dem lapidaren Statement: „kein
       Anlass zur Unruhe“. Die Überwachungsbehörde SSM erklärte: „Schwedische
       Kernkraftwerke sind sicher.“
       
       Greenpeace weist jedoch darauf hin, dass es Verquickungen zwischen den
       AKW-Betreibern und ihren Überwachern gebe. 10 von 14 SSM-Kontrolleuren
       hätten früher für die Atomstromwirtschaft gearbeitet: „Da muss man die
       Frage nach Loyalitäten stellen.“
       
       3 Oct 2012
       
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