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       # taz.de -- Madagascar 3 - Flucht durch Europa: Der Umweg ist das Ziel
       
       > In „Madagascar 3 – Flucht durch Europa“ wollen Löwe, Zebra, Giraffe und
       > Nilpferd nach Monaco. Der Weg dorthin ist voller atemlos geschnittener
       > Action.
       
   IMG Bild: Statt „I like to move it“: Zebra Marty erarbeitet mit Artistenkollegen eine „Afro Circus“-Nummer.
       
       Eine beliebte und viel praktizierte Methode, das aktuelle Kino mehr zu
       genießen, besteht schlicht darin, die Erwartungen zu senken. Besonders
       erfolgreich ist dieses Vorgehen, wenn man es auf Sequels anwendet, die
       gegenwärtig ja gefühlte 90 Prozent der neu anlaufenden Filme ausmachen.
       
       Also: statt zu beklagen, dass „Madagascar 3: Flucht durch Europa“ keine
       richtige Handlung hat, endlos die originellen Ideen der Vorläufer recycelt
       und erneut seinen sowieso schon langweiligen Hauptfiguren keine Gelegenheit
       gibt, interessante Seiten zu zeigen, sollte man sich einfach an dem freuen,
       was es außerdem noch alles zu sehen gibt.
       
       Tatsächlich erweist sich „Madagascar 3“ in dieser Hinsicht sozusagen als
       eine Art „Bourne“-Film des Animationsgenres: voller atemlos geschnittener
       Action, aus der in wundersamer Verbiegung von Realität, Wahrscheinlichkeit
       und anderen Naturgesetzen die Helden unverletzt hervorgehen.
       
       Nahtlos knüpft „Madagascar 3“ zunächst da an, wo Teil zwei 2008 aufhörte.
       Der Löwe Alex, das Zebra Marty, die Giraffe Melman und das Nilpferd Gloria
       sitzen irgendwo in Afrika fest und zählen die Tage, bis die Pinguine und
       ihr Flugzeug zurückkommen. Als die Freunde Alex zu seinem Geburtstag eine
       aus Lehm geformte Miniatur von New York präsentieren, überfällt den Löwen
       so starkes Heimweh, dass gehandelt werden muss. Die vier beschließen, nach
       Monaco aufzubrechen, wo man die Pinguine an den Spieltischen des Casinos
       vermutet.
       
       ## Nebenattraktionen sind die eigentliche Show
       
       Sie schnorcheln sich durchs Mittelmeer, fallen im Casino ein, bekommen es
       mit einer gefährlichen „Tierkontroll“-Polizistin zu tun und finden zur
       Tarnung so schnell in einem Wanderzirkus Unterschlupf, dass keine Zeit
       bleibt, über gewisse logische Auslassungen des Plots nachzudenken, wie etwa
       die Frage, warum sie nicht einfach durch den Atlantik schnorcheln. Die
       Antwort lautet, dass nun mal nicht der Weg, sondern der Umweg das Ziel ist.
       Und der führt in diesem Fall zunächst nach Rom und dann nach London und
       erst dann über den Großen Teich. Man möchte am Ende keine dieser Stationen
       vermisst haben.
       
       Mit der Zeit werden nämlich die Nebenattraktionen mehr und mehr zur
       eigentlichen Show. King Julien verguckt sich in die Tanzbärin Sonja und
       fährt auf zwei Rädern mit ihr zu Andrea-Bocelli-Gesängen durch die ewige
       Stadt, „Ein Herz und eine Krone“ lassen grüßen. Die schüchterne Giraffe
       Melman entdeckt ihr Talent als Seiltänzer. Zebra Marty erarbeitet mit
       Artistenkollegen eine „Afro Circus“-Nummer, die den Ohrwurm „I Like to Move
       It“ ablösen soll.
       
       Und Löwe Alex stellt mit der Jaguarfrau Gia und dem Tiger Vitaly in
       gewisser Weise das Zirkustrio Tony Curtis, Burt Lancaster und Gina
       Lollobrigida aus „Trapez“ nach, nur mit weit weniger Melodrama. Neben einem
       leicht trotteligen Seelöwen namens Stefano ist Vitaly – der Vorname und der
       heftige Akzent sollen ihn offenbar als „sibirischen Tiger“ ausweisen – der
       vielversprechendste Neuzugang. Im Original spricht ihn Bryan Cranston aus
       „Breaking Bad“, von daher nimmt es nicht wunder, dass bei ihm das Wort
       „bolshevik“ wie „bullshit“ klingt.
       
       „Madagascar 3“. Regie: Eric Darnell. USA 2012, 93 Min.
       
       1 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Barbara Schweizerhof
       
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