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       # taz.de -- Internationale muslimische Proteste: Alle Formen des Widerstands
       
       > In Kairo demonstrieren nur 20 Männer gegen das Mohammed-Schmähvideo.
       > Islamisten rufen zu Mäßigung auf. Das tunesische Regime wendet sich gegen
       > Salafisten.
       
   IMG Bild: Auch in Pakistan kam es am Freitag erneut zu blutigen Demonstrationen.
       
       KAIRO taz | Zwanzig meist bärtige Männer werfen sich vor der Hundertschaft
       der Polizei nieder zum Gebet in Richtung Mekka, in dieselbe Richtung, in
       der sich zufällig auch die französische Botschaft in Kairo befindet. Ein
       Mann steht am Straßenrand, auf sein Schild hat er „Stopp Frankreich“
       geschrieben. Ein Dutzend Kameramänner fängt die Szene ein. Das ist der
       gesamte Protest nach dem Freitagsgebet in Kairo.
       
       Nach der Veröffentlichung von Anti-Islam-Karikaturen hatte man erneut
       heftige und wütende Reaktionen in der islamischen Welt erwartet.
       Tatsächlich kam es in Pakistan am Freitag erneut zu blutigen
       Demonstrationen. Aber in Bangladesch und im Südirak wurde friedlich
       demonstriert. In Malaysia zogen 5.000 Menschen vor die US-Botschaft. In
       Kabul protestierten Hunderte Afghanen friedlich.
       
       In Ägypten hatten die großen islamistischen Parteien, die
       Muslimbruderschaft und die salafistische Nour-Partei, ausdrücklich nicht
       zum Protest aufgerufen. „Wir sind gegen jegliche Blasphemie gegen unsere
       Religion. Aber das Ganze ist eine Provokation um zu beweisen, dass die
       Muslime nicht friedlich sind“, sagt Essam Erian der Chef der ägyptischen
       Freiheits- und Gerechtigkeitspartei, die aus der Muslimbruderschaft
       entstammt und der auch der ägyptische Präsident Mohammed Mursi angehört.
       
       „Wir sind gegen jegliche Verletzung internationaler Verträge zum Schutz von
       Botschaften, und wir verurteilen den Mord an Diplomaten in Bengasi“, sagt
       Erian: „Wir brauchen eine neue Vision vom Zusammenleben der islamischen
       Welt und des Westens. Wir brauchen eine neue Ära von Frieden, gegenseitigem
       Respekt und Kooperation.“
       
       ## Muslimbruderschaft versucht zu beruhigen
       
       In den ägyptischen Medien hatte Erian zuvor die Mohammed-Beleidigungen mit
       der Affäre um die Oben-ohne-Fotos der englischen Herzogin Kate Middleton
       verglichen. „Wenn die eine Sache der Privatsphäre sind, dann sind die
       Karikaturen eine Beleidigung für eine große Gruppe Menschen“, sagt er.
       
       Hatte Ägyptens Muslimbruderschaft anfänglich noch gehofft, von den
       Protesten gegen den in den USA produzierten Mohammed-Schmähfilm profitieren
       zu können, versucht sie nun, zu beruhigen und die Proteste zu beenden. Auch
       in Tunesien zeigt sich ein verändertes Bild. Noch letzte Woche war die
       US-Botschaft von Salafisten gestürmt worden. Jetzt geht die
       islamisch-konservativ regierende Ennahda-Partei zumindest verbal auf
       Konfrontationskurs zu den ultrakonservativen Salafisten.
       
       Ennahda-Parteichef Rached Ghannouchi erklärte, dass die Behörden strikt
       gegen die salafistischen Hardliner vorgehen werden, die er für die
       Gewalttaten vor der US-Botschaft in Tunis verantwortlich macht. „Sie
       stellen eine Gefahr für die Sicherheit und Freiheit des Landes dar“, sagte
       Ghannouchi.
       
       ## Bedrohung für die Sicherheit des Landes
       
       „Immer wenn diese Gruppen unsere Freiheiten missachten, werden wir gegen
       sie vorgehen und die öffentliche Ordnung wiederherstellen.“ Diese Menschen
       seien nicht nur eine Bedrohung für die Ennahda-Partei, sondern für die
       Freiheit und Sicherheit des Landes, führte er aus. Ennahda war zuvor für
       sein laxes Vorgehen gegen die Salafisten in die Kritik geraten.
       
       Gleich neben der französischen Botschaft in Kairo befindet sich der gut
       besuchte Zoo. Gut hundert Schaulustige haben sich am Zaun versammelt, um
       die 20 Demonstranten zu beobachten. Einer der Schaulustigen meint: „Ich
       weiß nicht, was exotischer ist, die Tiere im Gehege oder die Demonstranten
       und die Kameramänner vor der Botschaft.“ Zumindest im Moment hat er
       beschlossen, den Tieren den Rücken zu kehren.
       
       21 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Karim Gawhary
   DIR Karim El-Gawhary
       
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