URI: 
       # taz.de -- Küstenbebauung in Spanien: Die letzten Strände ihrer Art
       
       > Von wegen Immobilienkrise in Spanien: Lokale Baulöwen machen schon wieder
       > Geschäfte mit Bettenburgen. Die Umwelt wird darunter leiden.
       
   IMG Bild: Auf den Balearen drohen die letzten naturbelassenen Küstenabschnitte unter einem Meer aus Touristen zu verschwinden.
       
       MADRID taz | Spaniens Immobilienkrise ist noch lange nicht überwunden – und
       doch setzt die konservative Regierung unter Mariano Rajoy wieder auf die
       Bauwirtschaft als Motor für künftiges Wachstum. Eine Reform des Gesetzes
       zum Schutz der Küste soll Umwelt und wirtschaftliche Entwicklung verbinden.
       
       Wie das aussehen soll, zeigen erste Initiativen in von Rajoys Volkspartei
       (PP) regierten Regionen und Gemeinden. An einigen der ökologisch
       wertvollsten Stellen der spanischen Küste sollen neue Bettenburgen, Tennis-
       und Golfplätze entstehen. Proteste regen sich auf Mallorca und in
       Andalusien.
       
       Eine Plattform unter dem Namen „Nicht mit unserer Küste“ hat mittlerweile
       etwa 170 Umweltschutzorganisationen, Gewerkschaften und Bürgerinitiativen
       vereint. Zehntausende von Bürgern haben Petitionen unterzeichnet, in denen
       sie den Schutz der letzten noch naturbelassenen Strände fordern.
       
       „In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben unsere Küstengebiete täglich
       eine Fläche von acht Fußballfeldern verloren“, erklärt der Sprecher der
       Plattform und spanische Greenpeace-Chef, Mario Rodríguez. Eine Aufweichung
       des Küstenschutzes käme einer Privatisierung des öffentlichen Raumes
       gleich.
       
       ## Schutz der ersten 100 Meter
       
       Die Regierungspläne sehen unter anderem vor, dass die Verantwortung für den
       Schutz der ersten 100 Meter, die als öffentlich zugänglich gelten, den
       Besitzern der anliegenden Grundstücke übertragen wird. Außerdem sollen
       Zehntausende illegal gebaute Appartements legalisiert werden.
       
       „Die Regierung setzt erneut auf ein Modell, das unsere Wirtschaft ruiniert
       hat“, beschwert sich auch Margarita Ramis, Sprecherin der
       Umweltschutzorganisation GOB auf den Balearen. Dort ist die Politik weiter.
       Die konservative Inselregierung hat auf Mallorca im Eilverfahren einen
       Tourismuskomplex am Strand von Sa Rápita genehmigt. Die 1.200-Betten-Anlage
       mit ihrem Golf- und Freizeitgelände soll mitten in der Dünenlandschaft
       eines unter Naturschutz stehenden Strandes entstehen.
       
       Allein der geplante Golfplatz würde so viel Wasser verbrauchen wie ein Dorf
       mit 4.000 Einwohnern. In der Gegend um Sa Rápita regnet es kaum. Ein
       Komplex dieser Größe würde deshalb die benachbarten Feuchtgebiete
       gefährden, warnen Umweltschützer. „Die Inselregierung hat die Pläne zum
       Projekt von regionalem Interesse erklärt und damit das
       Genehmigungsverfahren vereinfacht“, sagt Ramis.
       
       Ein neues regionales Tourismusgesetz soll solche Eilverfahren zum
       Normalfall werden lassen. Es sieht vor, dass die Regierung am Parlament
       vorbei Bauprojekten den Status „von hohem Interesse für die regionale
       Wirtschaft“ geben kann. „Alle Kontrollmechanismen werden so ausgeschaltet“,
       beschwert sich Ramis und verweist darauf, dass dies erneut die
       Baukorruption, unter der die Balearen seit Jahrzehnten leiden, anfachen
       könne.
       
       ## Bei Surfern beliebter Strand
       
       Auch im südspanischen Tarifa setzen die konservativen Lokalpolitiker auf
       Neubauten. An dem unter Surfern weltweit beliebten Strand Valdevaqueros
       sollen Hotels mit 1.400 Betten und 350 Wohnungen entstehen. Damit würde
       hier eine der letzten noch erhaltenen Dünenlandschaften an der
       andalusischen Atlantikküste der Bauwut zum Opfer fallen.
       
       Für die Umweltschützer zieht das wirtschaftliche Argument nicht.
       Naturbelassene Strände würden viel mehr Touristen anziehen, sagen sie. Die
       Marketingkampagne von Kroatien unter dem Motto „Das Mittelmeer, wie es
       einmal war“ macht das deutlich.
       
       21 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reiner Wandler
       
       ## TAGS
       
   DIR Mallorca
   DIR Reiseland Spanien
   DIR Reiseland Spanien
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Mallorca beschließt Touristenabgabe: Blechen im 17. Bundesland
       
       Auf Mallorca und den anderen Balearen-Inseln wird vom 1.Juli an eine
       Touristenabgabe fällig. Die Hoteliers und Umweltschützer sind dagegen.
       
   DIR Sparpolitik in Spanien: Und nochmal drauf
       
       Premier Rajoy spart radikal. Um die Vorgaben der EU zu erfüllen, kürzt
       Madrid erstmals bei Rentnern. Dennoch steigen die Zinsausgaben auf
       Rekordniveau.
       
   DIR „On the Beach“ auf Formentera: Die Reste einer aussterbenden Kultur
       
       Auch die kleine Baleareninsel hat sich vom Hippie- zum Touristenmagneten
       entwickelt. Doch noch heute ist der Flair der siebziger und achtziger Jahre
       zu spüren.
       
   DIR Gomera war einmal ein Geheimtipp: „Letzte Currywurst vor Afrika“
       
       Das Valle Gran Rey, das Tal der Aussteiger, verändert sich. Übernommen
       haben die Feinrippträger, meint Capitano Claudio, Herausgeber des
       Valle-Boten.
       
   DIR Debatte Staatsanleihen: Die eingebildete Pleite
       
       Viele Deutsche fürchten, die Zeche für den Aufkauf ausländischer
       Staatsanleihen zu zahlen. Aber eine EZB-Intervention wäre umsonst.
       
   DIR Kommentar Proteste Spanien: Europa zerfällt
       
       In Spanien protestieren Gewerkschaften und Organisationen gegen die
       Sparmaßnahmen der Regierung. Hilfe aus Brüssel gibt es nicht umsonst, das
       ist das Problem.