# taz.de -- Ungereimtheiten in der V-Mann-Affäre: Henkel verteidigt sich
> In der Affäre um das Terrortrio NSU und einen Berliner V-Mann will
> Innensenator Henkel für Klarheit sorgen. Stattdessen tun sich neue Fragen
> auf.
IMG Bild: Innensenator Henkel: Sieht keine Widersprüche. Andere schon.
BERLIN dpa | Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) bleibt wegen neuer
Ungereimtheiten in der V-Mann-Affäre unter Druck. Es geht um Verbindungen
eines V-Mannes des Landeskriminalamtes zur rechtsterroristischen
Terrorzelle NSU. Im Verfassungsschutz-Ausschuss des Abgeordnetenhauses muss
sich Henkel an diesem Mittwoch erneut erklären. Es geht vor allem um die
Frage, ob Informationen zum damaligen Aufenthaltsort des Terror-Trios zu
spät weitergegeben wurden.
Henkel verteidigte am Mittwoch seine Aussage, es sei mit der
Bundesanwaltschaft verabredet worden, die Erkenntnisse über den V-Mann erst
einmal nicht weiterzugeben, um strafrechtliche Ermittlungen nicht zu
behindern. Dieser Darstellung hatte die Karlsruher Behörde am Dienstagabend
widersprochen.
„Die Berliner Polizeiführung hat mir glaubhaft dargestellt, dass es eine
Vereinbarung zwischen Generalbundesanwaltschaft und Polizei gab, die
Informationen über die V-Person solange geheim zu halten, bis die
Gefährdung der V-Person und der laufenden Ermittlungen geprüft ist“, sagte
Henkel. Er verwies dabei auf einen Besuch der Polizeivizepräsidentin und
weiterer leitender Mitarbeiter der Berliner Polizei bei der
Bundesanwaltschaft in Karlsruhe am 20. März 2012. „Ich habe keinen Anlass,
an dieser Darstellung zu zweifeln.“
Es sei darum gegangen, das laufende Ermittlungsverfahren und das Leben des
V-Mannes nicht zu gefährden, sagte Henke. Im ZDF-Morgenmagazin sprach er
zugleich auch von „semantischen Spitzfindigkeiten“. Einen Widerspruch zu
den Aussagen der Bundesanwaltschaft sieht Henkel nach eigenen Worten nicht.
## Bundesanwaltschaft streitet Absprachen ab
Ein Sprecher der Karlsruher Behörde hatte am Dienstagabend erklärt, es
seien keine „Absprachen über Zeitpunkt und Form der Übermittlung der
Erkenntnisse“ an den NSU-Untersuchungsausschuss getroffen worden.
Eine Debatte über seine Verantwortung will Henkel vermeiden: „Es geht doch
gar nicht um mich persönlich. Es geht mir darum, dass wir Licht ins Dunkel
dieser Angelegenheit bringen“, sagte Henkel im ZDF-Morgenmagazin auf die
Frage, ob er einen Rücktritt in Erwägung ziehe.
Die SPD-Obfrau im Untersuchungsausschuss, Eva Högl, forderte aufgrund der
widersprüchlichen Darstellung nun Auskunft über das konkrete Verhalten der
Bundesanwaltschaft im Fall des früheren Berliner V-Mannes. Sie habe
schriftlich in Karlsruhe angefragt, ob Absprachen mit Berlin getroffen
worden seien und hoffe auf eine rasche Antwort, sagte sie am Mittwoch im
Inforadio des RBB.
Högl bestätigte, dass der Untersuchungsausschuss am Dienstag die vom Land
Berlin erbetenen Akten erhalten habe. Nunmehr müsse geprüft werden, ob der
Hinweis des V-Mannes im Februar 2002 auf den Aufenthaltsort der Zwickauer
Terrorgruppe an andere Behörden weitergeleitet und was veranlasst wurde.
## Ombudsfrau sieht Strukturproblem
Für die Ombudsfrau der Bundesregierung für die Neonazi-Opfer, Barbara John,
sind die Aufklärungspannen der Berliner Behörden Ausdruck einer „Krise der
staatlichen Bürokratie“. Mit ein paar „komfortablen Rücktritten von ein
paar Behördenleitern“ sei es nicht getan, sagte John.
Die Bundesregierung müsse Strukturmängel beheben, um das Grundvertrauen in
den Rechtsstaat wiederherzustellen. Für die Hinterbliebenen der Opfer des
Terrortrios seien die jüngsten Ergebnisse im NSU-Untersuchungsausschuss
„niederschmetternd und sehr enttäuschend“.
19 Sep 2012
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DIR Schwerpunkt Rechter Terror
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