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       # taz.de -- Friedlicher Protest im Libanon: „Schlimmes Nachspiel“ angedroht
       
       > Hisbollah-Chef Nasrallah trat auf einer Großkundgebung auf. Er forderte
       > die USA auf, Gesetze gegen die Beleidigung des Korans zu erlassen.
       
   IMG Bild: Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah mit Leibwächter bei seiner Ansprache in Beirut.
       
       BEIRUT taz | Etwa 100.000 Schiiten sind am Montagabend einem Aufruf der
       schiitischen Hisbollah zu einer Protestdemonstration gegen das
       Mohammed-Video in Beirut gefolgt. Darunten waren auch viele Angehörige der
       zweiten schiitischen Partei Amal. Deren riesige grüne Flaggen, die
       gelb-grüne der Hisbollah und viele syrische, manche mit dem Konterfei von
       Präsident Baschar al-Assad, ließen den von der Hisbollah kontrollierten
       Südbeiruter Stadtteil Dahiye als eine einzige Protestmeile erscheinen.
       
       Ganze Großfamilien traten in geschlossenen Blöcken auf, gesäumt von den
       teilweise bewaffneten Milizionären der „Partei Gottes“. In Sprechchören
       verhöhnten die Demonstranten die USA und Israel.
       
       Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah, der in den USA als „Führer einer
       terroristischen Gruppe“ gilt, wagte einen seiner seltenen öffentlichen
       Auftritte und hielt eine Ansprache, die über zig Lautsprecher in den
       Straßen des Stadtviertels wiedergegeben wurde.
       
       Er forderte von den USA, Gesetze zu erlassen, die die Beleidigung des
       Propheten und des Korans verhindern, und drohte, dass die Veröffentlichung
       des Filmes in ganzer Länge „weltweit ein sehr, sehr schlimmes Nachspiel“
       haben werde.
       
       Dieser Satz wurde von der Menge jubelnd aufgenommen, und die Waffenträger
       unter den Demonstranten ließen es sich nicht nehmen, in die Luft zu feuern.
       Zwei Männer mussten später wegen Streifschüssen medizinisch behandelt
       werden.
       
       Obwohl einige kleine US-Flaggen verbrannt wurden und Sprechchöre in
       ohrenbetäubender Lautstärke bezeugten, dass die Teilnehmer ihr „Blut und
       Leben“ für den Propheten geben würden, verlief die Demonstration friedlich.
       
       ## Panzer aufgefahren
       
       Libanesische Polizisten oder Soldaten ließen sich nicht auf dem Umzug
       blicken – sie sind nicht für Ordnungsaufgaben in Dahiye zuständig. In
       anderen Stadtvierteln von Beirut wurden Fastfood-Restaurants von US-Ketten
       durch das libanesische Militär und die Polizei geschützt. Vor einigen
       fuhren Panzer auf, die nach dem Ende des Besuchs von Papst Benedikt XVI.
       gar nicht erst abgezogen worden waren.
       
       Auf die als unfähig verrufene libanesische Armee ist Nasrallah aber ohnehin
       nicht angewiesen: die streng militärisch organisierte Führung von Hisbollah
       regelt alles selbstständig.
       
       So auch die Berichterstattung aus ihrem Viertel: Während man als Journalist
       normalerweise eine spezielle Anmeldung zur Berichterstattung aus Dahiye und
       dem ebenfalls schiitischen Südlibanon braucht, die auch gerne mal abgelehnt
       wird, ließ Madame Rana, eine der schwarzverschleierten Pressesprecherinnen,
       am Montag alle internationalen Berichterstatter, die nach Dahiye wollten,
       ohne Probleme zu.
       
       ## Weiterte Proteste erwartet
       
       Der PR-Abteilung war sehr wohl bewusst, dass Israel die internationale
       Berichterstattung über die Demonstration verfolgt, und wollte die Chance
       nutzen, ihrem Erzfeind gegenüber Stärke zu zeigen. Für diese Woche werden
       im Libanon weitere schiitische Proteste erwartet.
       
       Unterdessen blockierte die Regierung von Bangladesch den Zugang zu YouTube,
       wo der in den USA produzierte Mohammed-Schmähfilm zu sehen ist. In einem
       Schreiben an Google, den Besitzer der Videoplattform, habe die Regierung
       gefordert, den Film zu löschen, teilte die Behörde für Telekommunikation am
       Dienstag mit.
       
       Auch Pakistan blockierte YouTube. Google hat das Video bereits in Libyen,
       Ägypten, Indonesien und Indien gesperrt. (mit dapd/afp)
       
       18 Sep 2012
       
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