URI: 
       # taz.de -- Mohammed-Film: Toleranztest für Berlin
       
       > Rechtspopulisten von "Pro Deutschland" wollen den Mohammed-Schmähfilm in
       > einem Berliner Kino zeigen. Vertreter muslimischer Verbände sind besorgt
       > - und wollen über ein Verbot reden.
       
   IMG Bild: Bei der letzten Provokation stieß "Pro Deutschland" in Berlin auf Gegenwehr.
       
       Berliner Muslime fordern eine neue Diskussion über die Grenzen der
       Meinungsfreiheit. Der Mohammed-Film, den Rechtspopulisten auch in Berlin
       zeigen wollen, sollte als Volksverhetzung bewertet werden, sagte am Sonntag
       Lydia Nofal, Vorsitzende von Inssan, einem Zusammenschluss von Muslimen
       verschiedener Ethnie, der taz. „Oder wollen wir, dass solche radikalen
       Kräfte das gesellschaftliche Klima beherrschen?“
       
       Auch Pinar Cetin vom Vorstand der türkisch-muslimischen Organisation Ditib
       in Berlin hält eine Diskussion darüber für notwendig. Der Film habe mit
       Meinungsfreiheit nichts zu tun, sagte Cetin. „Das ist Verleumdung.“ Die
       Islamische Föderation Berlin geht noch einen Schritt weiter: „Es sollte
       allgemein nicht erlaubt sein, dass Religionen verhöhnt werden“, sagte deren
       Sprecher Mohamad Hajjaj.
       
       Der Mohammed-Hetzfilm hatte in der vergangenen Woche in vielen muslimischen
       Ländern heftige Unruhen ausgelöst. Die rechtspopulistische Partei „Pro
       Deutschland“, bekannt für Provokationen, kündigte daraufhin an, den Film in
       einem Berliner Kino zu zeigen – um aufzuklären, wie ein Sprecher sagte.
       Lydia Nofal von Inssan sieht eine solche Vorführung mit Sorge. „Auch wenn
       man weiß, dass diese Menschen in der Minderheit sind, ist das doch tief
       verletzend.“
       
       ## Thema der Freitagspredigt
       
       Trotzdem geht Nofal davon aus, dass es in Berlin nicht zu Ausschreitungen
       kommen würde. Sie verweist auf die Erfahrungen vom August, als die
       Rechtspopulisten in der Nähe von mehreren Moscheen Mohammed-Karikaturen
       zeigten. Damals hätten sie einen Arbeitskreis mit den betroffenen Gemeinden
       und anderen muslimischen Gruppen gebildet, berichtet Nofal. „Wir haben dazu
       aufgerufen, sich nicht provozieren zu lassen.“ Es blieb friedlich.
       
       Auch Hajjaj von der Islamischen Föderation glaubt, dass eine Filmvorführung
       keine Unruhen in der Stadt auslösen würde. „Wir sind überzeugt, dass die
       muslimische Community gelassen und besonnen reagieren würde.“ Die
       salafistische Szene hierzulande rufe nicht zu Gewalt auf. Zudem sei der
       Film am vergangenen Freitag bereits Thema der Predigten in den Moscheen
       gewesen, berichtete Hajjaj. „Da haben die Imame aufgezeigt, dass der
       Prophet zu seiner Zeit auch gelassen auf Provokationen reagiert hat und
       dass wir das auch tun sollten.“
       
       Der innenpolitische Sprecher der SPD, Thomas Kleineidam, bezeichnet den
       Film zwar als „Unverschämtheit“, hat aber Bedenken, was ein Verbot angeht.
       „Die Meinungsfreiheit ist eine der Grundlagen des demokratischen
       Rechtsstaates“, sagte er. Dazu gehöre auch, dass ein Idiot sich auf die
       Straße stellen könne, um Dummheiten zu erzählen. „Das muss man aushalten.“
       
       Noch deutlicher wurde der innenpolitischer Sprecher der CDU, Robbin Juhnke.
       Die Forderung muslimischer Verbände, die Meinungsfreiheit zu begrenzen,
       lehne er vollständig ab, sagte Juhnke. Wenn man in einem Land mit
       freiheitlicher Grundordnung lebe, müsse man mit solchen Dingen klarkommen.
       „Wer diese Toleranz nicht aufbringt, sollte überlegen, ob er am richtigen
       Ort lebt.“
       
       Andere Töne schlug Clara Herrmann von den Grünen an: Sie forderte Politiker
       auf Landes- und Bundesebene am Sonntag auf, ein Zeichen gegen
       antimuslimische Hetze zu setzen. „Sie müssen klarmachen: Die Muslime
       gehören zu uns.“
       
       16 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Antje Lang-Lendorff
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Debatte um Karikatur und Zensur: Gehört das zensiert?
       
       Ein französisches Satiremagazin veröffentlicht Karikaturen, die den Islam
       und seinen Propheten verspotten. Wir zeigen einen Teil der Bilder.
       
   DIR Rechtliche Lage bei Blasphemie: Kein Schutz für Gott
       
       Sind religionskritische Äußerungen wie die Vorführung des Schmäh-Videos
       rechtlich erlaubt? In Deutschland gilt: Es darf kritisiert werden, Religion
       zu beschimpfen ist strafbar.
       
   DIR Kommentar Anti-Islam-Film: Ohnmacht über das Eigene
       
       Die Wirklichkeit in den muslimischen Ländern ist komplizierter als die
       hiesige Wahrnehmung. Eine einfache Sicht der Dinge ist unangebracht.
       
   DIR Kein anti-islamischer Film in Deutschland: Protest gegen Provokation
       
       „Pro Deutschland“ will Mohammed-Film in Berlin zeigen – Innenminister
       Friedrich (CSU) versucht das mit einem Einreiseverbot für US-Hassprediger
       zu verhindern.
       
   DIR Kommentar Hassvideo: Was den Anständigen bleibt
       
       Die Rechtsaußen von Pro Deutschland wollen die Hassspirale weiter drehen.
       Die Bürgergesellschaft muss ihnen zeigen, dass sie nur ein „lächerlicher
       Haufen“ sind.
       
   DIR Reaktionen auf Schmäh-Video: Ein Angriff aus Rache
       
       Beim Angriff auf ein Militärlager töteten afghanische Aufständige zwei
       Soldaten. Prinz Harry, der in dem Lager seinen Dienst absolviert, blieb
       unverletzt.