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       # taz.de -- Debatte Moon und die Republikaner: Der peinliche Exfreund
       
       > Die US-Republikaner wollen mit dem verstorbenen Sektenchef Sun Myung Moon
       > nicht mehr in Verbindung gebracht werden. Dabei hat er sie lange
       > finanziert.
       
   IMG Bild: Die Republikaner wollen die Verbindung zu ihm lieber begraben: Sun Myung Moon.
       
       Krass, die „Moonies“ mit ihren Massenhochzeiten. In den Medien hat Sun
       Myung Moons Vereinigungskirche unweigerlich das Etikett „umstritten“
       abbekommen. Aber Mitt Romneys Republikaner müssten eigentlich ein paar
       Blümchen oder Kränze zur Trauerfeier für den Anfang September
       [1][verstorbenen Moon] schicken. Am Wochenende wird er in Südkorea
       beerdigt.
       
       Auch wenn Moons Einfluss in den letzten Jahren nachgelassen hat: Das rechte
       Amerika verdankt ihm viel, dem „Wahren Vater“, Messias und Herrscher eines
       unüberschaubar großen Geschäftsimperiums. Moon hat mit Hunderten Millionen
       Dollar die Propagandaarbeit seiner Verbände und seiner Tageszeitung
       Washington Times für Ronald Reagan und George Bush senior geschmiert. Auch
       andere konservative Republikaner und die rechtschristliche Bewegung in den
       USA profitierten.
       
       Heute, im Zeitalter der Super Political Action Committees aus Wirtschaft
       und Verbänden, die die Wahlkämpfe finanzieren, braucht man Moon nicht mehr.
       Die Vereinigungskirche schrumpft ohnehin, und nun bringen die guten alten
       Zeiten Moons amerikanische Freunde in Verlegenheit. Das mit Moons Krönung
       zum Friedenskönig 2004 in einem Versammlungsraum des US-Senats etwa, mit
       einer richtigen Krone, hätte es nicht gebraucht. Und dann diese peinlichen
       Reden Moons über die „heilige Familie“, und dass die „Sexualorgane die
       wichtigsten und heiligsten Organe des Menschen“ seien!
       
       Von George Bush senior war nichts zu hören nach der Todesnachricht, obwohl
       der Expräsident angeblich Hunderttausende Dollar für Auftritte bei
       Moon-Veranstaltungen bekommen hat. Auch konservative Evangelikale gingen
       auf Distanz. Moon werde im Jenseits „dem wirklichen Messias begegnen“,
       twitterte Ed Setzer vom Baptistischen Verband Lifeway Research. Man müsse
       beten, dass Moons Tod seinen Anhängern die Augen öffnen werde, kommentierte
       Baptistentheologe Albert Mohler.
       
       Mitte der achtziger Jahre war das anders. Obwohl Moons Lehre selbst bei
       großzügigster Interpretation Welten von der Bibel entfernt ist, engagierten
       sich damals Promi-Prediger von Jimmy Swaggart bis Jerry Falwell in einem
       Verband für „Religionsfreiheit“ gegen die angebliche religiöse
       Diskriminierung von Moon. Sprich: gegen Moons mehrmonatige Haftstrafe wegen
       Steuerhinterziehung. Moon zeigte sich erkenntlich. Falwells vom Konkurs
       bedrohte Liberty-Universität wurde mit 3,5 Millionen Dollar von der
       Moon-Organisation Christian Heritage Foundation gerettet.
       
       ## Erlöser der Welt
       
       Sun Myung Moon, geboren 1920 im heutigen Nordkorea, hatte nach eigenen
       Angaben mit 15 eine Jesus-Erscheinung. Jesus habe ihn aufgefordert, dessen
       „unvollständiges“ Lebenswerk zu vollenden. Moon muss eine charismatische
       Figur gewesen sein. Er predigte, fand Anhänger in dem vom Krieg zwischen
       Nord und Süd (1950–53) zerrissenen Land. 1954 gründete Moon in Südkorea die
       Heilig-Geist-Gesellschaft zur Vereinigung des Weltchristentums. Bei Moon
       steht die „wahre Familie“ im Mittelpunkt – und er selbst: als
       vermeintlicher Erlöser der Welt, dem man absolut gehorchen muss.
       
       Im Jahr 1971 verlegte Moon sein Hauptquartier in die USA, um beim Kampf
       gegen den satanischen Kommunismus mitzumischen. Und er fand schnell seinen
       Platz. 1973 schaltete er in Tageszeitungen Anzeigen zur Verteidigung des
       Watergate-lädierten Richard Nixon. Nixon empfing Moon in Weißen Haus, junge
       Moonies machten Werbung für den republikanischen Präsidenten. Doch Nixon
       war nicht mehr zu retten.
       
       Konservative Aktivisten hatten freilich einen Bundesgenossen und Wohltäter
       gefunden. Wie der Extremismuskenner Frederick Clarkson in seinem Buch
       „Eternal Hostility“ erzählte, stand Moon mit offenem Geldbeutel Pate in den
       Geburtsjahren der rechtschristlichen Bewegung Ende der siebziger und Anfang
       der achtziger Jahre. Moon-nahe Verbände mit Namen wie Christian Voice und
       Amerikanische Koalition für Traditionelle Werte hätten beim Mobilisieren
       evangelikaler Wähler für die Republikaner geholfen. Moons großer Wurf war
       seine 1982 gegründete Tageszeitung Washington Times, rechtes Organ und
       Angstmacher vor der roten Gefahr.
       
       Das Blatt wirbt noch heute mit dem Hinweis, Reagan habe die Times immer als
       Erstes gelesen. Nach Angaben der Zeitung hat Moon allein von 1982 bis 1992
       mehr als eine Milliarde Dollar in das Blatt investiert. Sie sei ein Pionier
       des entstellenden „Journalismus“ gewesen, der heute in Rupert Murdochs
       Fox-Fernsehen und rechten Blogs gang und gäbe sei, kommentiert Robert
       Parry, Redakteur bei consortiumnews.com. Im Jahr 1990 organisierten Moons
       Amerikanische Freiheitskoalition und andere Gruppen mit Verbindungen zur
       Vereinigungskirche Kundgebungen und PR-Kampagnen für den ersten Golfkrieg.
       
       ## Konservative „Realitäten“
       
       Moon hat gut gewählt bei seiner Entscheidung, in die USA zu kommen, trotz
       des Ausrutschers mit der Steuerhinterziehung. Im religiösen Markt der
       Möglichkeiten ist viel Platz in den USA; einem Land, in dem ein Drittel der
       Bevölkerung nach eigenen Angaben die Bibel wörtlich nimmt und fast die
       Hälfte die Auffassung vertritt, Gott habe den Menschen in seiner
       gegenwärtigen Form erschaffen.
       
       Das konservative Amerika pflegt alternative „Realitäten“: Klimaerwärmung
       gibt es nicht. Barack Obama ist ein Sozialist. 30 Prozent der Republikaner
       sind der Ansicht, der Präsident sei ein Muslim. (Die Geschichte stammt von
       Insight, Moons 2008 geschlossenem Print- und Online-Magazin. 2007
       berichtete das Blatt, Obama habe als Kind eine fundamentalistische Madrassa
       besucht. Total falsch, aber die Geschichte hält sich.)
       
       Das konservative Amerika ist machtorientiert. Als Mitt Romney, der erste
       mormonische Präsidentschaftskandidat einer der beiden großen Parteien,
       seinen Wahlkampf begann, hatten manche weiße evangelikale Christen starke
       Bedenken. Ob sie für ein Mitglied einer Glaubensgemeinschaft stimmen
       könnten, in der nicht die Bibel das wichtigste Buch ist, sondern das Buch
       Mormon? Inzwischen ist die Kritik verstummt.
       
       15 Sep 2012
       
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