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       # taz.de -- Parteitag der Piraten: Piraten wollen wieder durchblicken
       
       > Die Piratenpartei wählt ihren Landesvorstand neu. Unter den Kandidaten
       > sind auch einige alte Bekannte.
       
   IMG Bild: Politik macht Spaß: Piraten im Abgeordnetenhaus.
       
       Eigentlich sollte es um Inhalte gehen, wenn sich Berlins Piraten am
       Wochenende in der Moabiter Universal Hall zum Parteitag treffen. Aber nun
       stehen doch wieder Wahlen im Vordergrund. Denn seit dem Rücktritt von
       Hartmut Semken im Mai ist der Posten des Landeschefs vakant. Und auch der
       Rest des Vorstands tritt nicht wieder an.
       
       Dafür könnte es ein Wiedersehen mit alten Bekannten geben. Denn unter den
       18 Kandidaten für den fünfköpfigen Vorstand befindet sich neben der
       Exschatzmeisterin Katja Dathe und dem früheren Beisitzer Stephan Bliedung
       auch Gerhard Anger. Er war schon einmal für ein Jahr Landeschef. Auf dem
       letzten Parteitag im Februar zog Anger seine Kandidatur aber spontan wegen
       „emotionaler Belastung“ zurück.
       
       Im Falle seiner Wahl wolle er den Vorstand entlasten und die Arbeit mehr im
       Landesverband verteilen, sagt der 36-jährige Softwareentwickler nun. Auch
       müsse die Partei erwägen, bei Streit öfter auf „professionelle Mediation“
       zu setzen. Eine beachtliche Wende: Noch im Juni kritisierte Anger die
       Arbeit seiner Partei, vor allem der Fraktion, scharf und erklärte, kurz vor
       dem Austritt zu stehen. Seitdem habe sich viel gebessert, sagt er heute.
       
       Der Exchef ist mit seiner Kritik aber nicht allein. Der Parteitag fällt
       genau auf das einjährige Jubiläum des Piraten-Einzugs ins Abgeordnetenhaus.
       Die Fraktion wird auf dem Treffen ihre Arbeit verantworten müssen. An der
       Basis sehen sie manche als zu unproduktiv und angepasst. Auf Unmut stieß
       besonders, dass sich die Fraktion im Juni zu einer Klausur hinter
       verschlossenen Türen traf – und damit ihr Transparenzgebot unterlief.
       Beklagt wird auch eine wachsende Aufspaltung zwischen einfachen Mitgliedern
       und „Oberpiraten“.
       
       Auch Christiane Schinkel, die scheidende Interim-Landeschefin, plädiert für
       ein „besseres Gemeinschaftsverständnis“ – in beide Richtungen: Jedes
       Mitglied sei gefordert, nicht nur Ansprüche zu stellen, sondern
       mitzumachen. Anger fordert ein Stärken des „Andersseins“ der Piraten: Die
       Arbeit des Landesverbands soll künftig „komplett transparent“ sein, alle
       Informationen auf einem Internetportal gebündelt werden. „Wir haben zuletzt
       strukturell nichts mehr gemacht, in der Informationsflut sieht keiner mehr
       durch.“
       
       Der Landesverband wuchs seit dem Parlamentseinzug extrem – von 900 auf
       heute 3.800 Mitglieder. Einige, wie der 22-jähriger Blogger Gero Nagel,
       seit April Mitglied, drängt es bereits in den Vorstand. Als Neuling stehe
       er außerhalb bisheriger „interner Querelen“, so Nagel. Auch er will sich
       für „bessere Abläufe und Transparenz“ einsetzen.
       
       Großaufgabe des Vorstands wird auch der kommende Bundestagswahlkampf sein.
       Die Berlin-Wahl stemmte die Partei rein ehrenamtlich, entwarf Plakate
       selbst. Ähnlich werde es auch diesmal laufen, so Schinkel. „Mit den vielen
       Aktiven gerade mache ich mir da keine Sorgen.“
       
       Ihre Bundestagsanwärter wählen die Piraten im Frühjahr. Schinkel rechnet
       mit „vielen, sehr vielen Kandidaten“. In einer Partei-Mailingliste heißt
       es: „Gefühlt will ja jeder zweite von uns den Bundestag“. Die
       Erfolgsaussichten sind dabei überschaubar: Derzeit können die Berliner
       Piraten mit drei Mandaten rechnen.
       
       13 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Konrad Litschko
       
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