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       # taz.de -- Bildungsressort hat sich verrechnet: Kritik aus den eigenen Reihen
       
       > Bremens Bildungs-Senatorin gesteht einen Fehler bei der Lehrerplanung
       > ein, hält die aktuelle Situation jedoch für zufriedenstellend. Die
       > nächste Lücke ist schon bekannt
       
   IMG Bild: Die Politik reagiert äußerst sensibel auf wortgewaltige Protestgruppen wie Lehrer oder Eltern
       
       BREMEN taz | 98,9 Prozent der Bremer Lehrerstellen sind offiziellen Angaben
       zu Folge besetzt. Mit dieser Begründung lehnten die Regierungsfraktionen
       einen gestern von CDU und Linkspartei – in seltener Einmütigkeit –
       geforderten Nachtragshaushalt ab.
       
       Lediglich zehn Lehrerstellen, alle an den neu eingerichteten Oberschulen,
       fehlen demnach. Sie habe diesen „nahezu geräuschlosen Schulstart“ noch vor
       zwei Monaten selbst kaum erwartet, bekannte Bildungssenatorin Renate
       Jürgens-Pieper (SPD) in der Bürgerschaft. Kurz vor den Sommerferien hatte
       ihre Behörde bekannt gegeben, dass 150 LehrerInnen fehlen. Durch
       Umbesetzungen und die kurzfristige Bereitstellung von fünf Millionen Euro
       für 110 Stellen für zwei Jahre durch den Haushalts- und Finanzausschuss
       (Hafa) sei das Problem jedoch gelöst worden, so die Senatorin.
       
       Für das Verfahren selbst, dessen Durcheinander an Schulen und in der
       Elternschaft viel böses Blut verursachte, muss Jürgens-Pieper harte Kritik
       aus den eigenen Reihen einstecken. Er ärgere sich „noch heute“, sagt der
       SPD-Haushaltspolitiker Max Liess, dass nicht rechtzeitig alle Bedarfe
       benannt worden seien. Liess: „Diese Situation hätten wir uns ersparen
       können!“ Auch die Senatorin gibt sich selbstkritisch: Es sei „schwierig“,
       das Personalbudget des Bildungsressorts zutreffend zu beurteilen.
       Versehentlich habe man die Gehaltsdifferenzen zwischen jüngeren und älteren
       LehrerInnen nicht berücksichtigt, erklärt ihre Sprecherin. Hintergrund sei
       eine Änderung in der Darstellungs-Systematik.
       
       Die Folge: Die Aufstellung des Bildungshaushalts im Mai ging von falschen
       Zahlen aus. Grundsätzlich entspräche die Ausstattung der Schulen jedoch der
       hohen politischen Priorität, die Rot-Grün dem Bildungsbereich zubillige,
       erklärte Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne). Konkret: Seit 2006 sei
       die Lehrerzahl „in einer riesigen Kraftanstrengung“ konstant gehalten
       worden, obwohl die Schülerzahlen in diesem Zeitraum um 8,9 Prozent
       zurückgegangen seien.
       
       2012 stehen durch diese „demografische Rendite“ 80 zusätzliche
       Lehrerstellen zur Verfügung, sagt das Bildungsressort. Andererseits, räumt
       Jürgens-Pieper ein, braucht Bremen bis 2015 175 zusätzliche Stellen, um die
       Inklusion förderbedürftiger Kinder in die Regelschulen zu realisieren.
       
       Der CDU-Bildungspolitiker Thomas vom Bruch sieht die „Akzeptanz der
       Inklusion“ gefährdet, wenn diese nicht ausreichend finanziert sei. Schon
       die Einrichtung der 110 Hafa-Stellen, deren Finanzierung in zwei Jahren
       ausläuft, sei auf Kosten der Lehrer-Weiterbildung in Sachen Inklusion
       gegangen. Vom Bruch: „Es ist sinnlos, ein Loch mit dem nächsten zu
       stopfen.“
       
       Die Fraktionschefin der Linkspartei, Kristina Vogt, sieht das nächste Loch
       schon wachsen: Die „demografische Rendite“ sei bereits „mehrfach
       ausgegeben“ worden, obwohl sie sich schon 2005 mehr als halbiert habe.
       Aktuell seien die Geburtenzahlen so hoch wie seit zehn Jahren nicht. Für
       diese Geißelung der rot-grünen „Bankrotterklärung“ in der Bildungspolitik
       erntete Vogt Ungewohntes: vehementen Beifall von der CDU.
       
       13 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Henning Bleyl
       
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