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       # taz.de -- Großbrand in pakistanischer Fabrik: Todesfalle am Arbeitsplatz
       
       > Eine Textilfabrik wird für Hunderte Pakistaner zur tödlichen Falle. Nach
       > dem Großbrand in Karachi erheben Behörden und Angehörige schwere Vorwürfe
       > gegen die Besitzer.
       
   IMG Bild: Angehörige warten auf die Identifizierung der Toten: Karachi nach dem Feuer.
       
       NEU DEHLI/ISLAMABAD dpa | Fassungslos stehen Angehörige und Rettungskräfte
       vor der ausgebrannten Fabrik in einem staubigen Industriegebiet im Westen
       Karachis. Noch vor kurzem hatten hier mehrere Hundert Pakistaner Wäsche und
       andere Textilien produziert.
       
       Nun sind nach offiziellen Angaben mindestens 289 ihnen tot – verbrannt oder
       erstickt in einem Inferno, dessen Flammen stundenlang wüteten. Ihr
       Arbeitsplatz, ein dreistöckiges Gebäude ohne Notausgänge und mit
       vergitterten Fenstern, war zur tödlichen Falle geworden.
       
       Ausgebrochen war das Feuer in der Nacht zum Mittwoch. Die Ursache wird noch
       von der Polizei untersucht. Doch Medien spekulierten schon über einen
       defekten Generator. Der Funkenschlag habe möglicherweise Baumwollballen und
       Färbemittel entzündet. Fest steht: Das Feuer breitete sich rasend schnell
       in der Fabrik aus.
       
       ## Schwere Sicherungsgitter
       
       „Wir haben gearbeitet als plötzlich überall Feuer und Rauch waren“,
       berichtet eine Überlebender im pakistanischen Fernsehen. „Die Hitze war so
       groß, dass wir zu den Fenstern stürmten und die (davor angebrachten)
       Eisengitter herausrissen.“ Beim rettenden Sprung aus der zweiten Etage habe
       er sich dann ein Bein gebrochen. Andere hatten weniger Glück. Ihnen gelang
       es nicht, die schweren Sicherungsgitter abzureißen. Sie blieben in der
       Fabrik gefangen.
       
       „Mein Schwager war im Keller eingeschlossen“, weiß Mohammad Ismail. Nach
       Ausbruch des Feuers habe er immer wieder angerufen und mit verzweifelter
       Stimme gefleht, ihn und seine Kollegen zu retten. Doch es kam keine Hilfe.
       „Seit dem Morgen hatten wir nichts mehr von ihm gehört“, sagt Ismail vor
       der Fabrik. „Erst als wir hierherkamen, haben wir erfahren, dass er tot
       ist.“ In den Kellerräumen fanden die Bergungsmannschaften nach eigenen
       Angaben die meisten Opfern.
       
       Im Laufe des Tages versammelten sich immer mehr Menschen vor der Fabrik des
       Unternehmens Ali Enterprises. Fast alle haben den Verlust von Angehörigen
       zu beklagen. „Mein jüngerer Bruder hatte vor wenigen Wochen hier angefangen
       und war nach langer Arbeitslosigkeit wirklich glücklich über diesen Job“,
       sagt ein Mann. „Jetzt ist er tot.“ In der Nähe beklagt eine Mutter
       lautstark den Tod ihres Sohnes.
       
       ## Fabrikbesitzer verschwunden
       
       Die Regierung der Provinz Sindh, dessen Hauptstadt Karachi ist, hat den
       Überlebenden und Hinterbliebenen inzwischen Entschädigungen in Aussicht
       gestellt. Ein bärtiger Alter winkt jedoch verzweifelt ab: „Wir wollen keine
       Entschädigungen, wir wollen unsere Leute zurück.“
       
       Wer für die Katastrophe verantwortlich ist, wird offiziell noch ermittelt.
       Die Polizei ist jedoch auf der Suche nach den Besitzern der Fabrik, gegen
       die nach Medienberichten auch ein Ausreiseverbot verhängt wurde. Den
       Geschäftsleuten, von denen seit dem Brand jede Spur fehlt, werden schwere
       Versäumnisse vorgeworfen.
       
       „Wir prüfen, weshalb die Eigentümer die Sicherheitsstandards, darunter
       Brandschutz und Fluchtpläne, nicht erfüllt haben“, sagt ein Sprecher der
       Provinzregierung. Gleichzeitig kündigt er eine strenge Überprüfungen aller
       Fabriken Karachis an. Für die Opfer des Brandes und ihre Hinterbliebenen
       kommt dieser Aktionismus zu spät.
       
       12 Sep 2012
       
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