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       # taz.de -- Obamas Rede via Twitter: 52.757 Antworten pro Minute
       
       > Obama hat zum Ende des Parteitags um seine Wiederwahl geworben. Was von
       > seiner Rede ankommt, wenn man sie ausschließlich bei Twitter verfolgt.
       
   IMG Bild: Schnell schreiben: Mitarbeiter von Obamas Presseabteilung.
       
       BOSTON taz | Auf Twitter kommt Barack Obama gefühlte 10.000 Mal in North
       Carolina an. Die Kolonne rollt ein. Die Limousine ist angekommen. Um 21.18
       Uhr. Obama ist in der Time Warner Arena. POTUS fährt direkt in die
       Tiefgarage. 140 Zeichen sind knapp, da kommt die Abkürzung grad recht, um
       ihn zu benennen: President of the United States.
       [1][//twitter.com/#!/search/%23DNC2012?q=%23DNC2012:#DNC2012].
       
       Schon Stunden bevor Barack Obama die Bühne des Parteitags der
       demokratischen Partei in Charlotte betritt, überbieten sich Fans, Kritiker,
       Journalisten und Interessierte auf Twitter in der Frequenz ihrer
       Nachrichten. US-Wahlkampf im Jahr 2012 heißt auch: nichts verpassen. Keine
       Sekunde, keine Bewegung Obamas, keine Träne der Delegierten, keine
       emotionale Umarmung. Doch was verrät Twitter wirklich über die Rede, mit
       der Obama Delegierte begeistern, Wähler überzeugen und Romney in den
       Schatten stellen will?
       
       Die Timeline für #DNC2012 verrät viel, auch viel Nichtiges. „President
       Obama: Michelle – ich liebe Dich so sehr.“ Die Anzahl der Worte der Rede:
       4320. „Obama sagt seinen Töchtern: Ja, ihr müsst morgen zur Schule gehen.“
       
       Twitter funktioniert zu Beginn wie die Rede, die kommentiert wird. Zum
       Einstimmen wenig Analyse sondern Nacherzählungen. Hinweise auf Livestreams
       und Liveticker, die Nachrichtenseiten anbieten – und damit den eigenen
       Twitterstream eigentlich obsolet machen. Doch Optionen in einem umkämpften
       Medienmarkt sind alles.
       
       ## Der Kontext bleibt unklar
       
       „Wenn es dich nervt, zu hören, dass ich diese Nachricht bestätige, glaub
       mir, ich bin es auch.“ [2][@nydailynews],
       [3][//twitter.com/blackvoices:@blackvoices],
       [4][//twitter.com/NewsNinja2012:@NewsNinja2012] und zig andere zitieren
       diesen Satz. Der Kontext bleibt unklar. Im Versuch, Schritt zu halten mit
       dem steten Strom an Nachrichten, liest man Unwichtiges zehn Mal und
       verpasst darunter den weiteren Verlauf der Rede.
       
       Doch das Wall Street Journal
       [5][//twitter.com/WSJ/status/243852685294583808:@WSJ] bietet schon kurz
       nach Beginn der Rede das Transkript zum Lesen an. Noch eine Option. Ohne
       Abschrift ist das die erste zentrale Botschaft, die die anonyme
       Twitter-Masse nach einigen Minuten offeriert: „Ihr habt mich nicht gewählt,
       damit ich euch sage, was ihr hören wollt, ihr habt mich gewählt, damit ich
       euch die Wahrheit erzähle.“ Das klingt nach Wahlkampf, das klingt nach
       Obama-Rede. Doch der Funke mag nicht recht überspringen.
       
       Ob die Halle schon in Ekstase ist, aufgepeitscht von Obamas Worten?
       [6][@mpitzke] von „Spiegel Online“ twittert: „#Obamas Rede ist eher
       programmatische Liste als ein rhetorischer Höhenflug. Er bleibt am Boden.
       Bisher jedenfalls. #DNC2012.“ Und
       [7][//twitter.com/CharlesMBlow:@CharlesMBlow] von der New York Times stellt
       fest: „Obama hasn't gotten into the weeds with numbers yet. Clinton did
       that heavy lifting last night. Obama sticking to philosophy... #DNC2012“
       (Obama ist noch nicht ins Detail gegangen, wenn es um Zahlen geht. Die
       schwierige Aufgabe hat Clinton gestern Abend übernommen. Obama bleibt beim
       Philosophischen ...)
       
       Dann: Afghanistan und bin Laden. Wohltuende Abwechslung zum sonst so
       undifferenzierten Parteitagsjubel, den Fernsehzuschauer aushalten müssen:
       Ironie. „Get ready: Osama bin Laden is about to die again. #DNC2012“,
       twittert [8][//twitter.com/RalstonFlash:@RalstonFlash]. (Macht euch bereit:
       Osama bin Laden ist kurz davor, erneut zu sterben.)
       
       ## Patriotismus ohne Jubel
       
       Aber Patriotismus entkommt auch Twitter nicht. Immer wieder laufen „U-S-A,
       U-S-A“-Tweets ein. Nur ohne den Jubel.
       
       Und Kritik? Wo sind sie, die Republikaner auf Twitter? Die Top-Tweets für
       #DNC2012 sind in der Mehrheit sachlich und positiv. Doch es gibt sie, die
       negativen Stimmen.
       
       „Reading this script, he's going word for word. He'd be lost without a
       teleprompter. Obama is all sizzle & no steak. #Clueless #DNC2012“, findet
       [9][@derekahunter] (Er liest das Skript und hält sich a jedes Wort. Ohne
       Teleprompter wäre er verloren. Obama brutzelt nur, ein Steak ist er nicht.
       #Ahnungslos) Mehrfach wird der Präsident der Lüge bezichtigt. Das gehört
       zum guten Ton in der amerikanische Politik.
       
       Lange klingt das, was über die Rede getwittert wird, alles nicht nach dem
       Obama, der Massen mit seiner Rhetorik mitreißen kann. Doch dann einer
       dieser Sätze, bei denen man sich Obama auf der blauen Bühne in Charlotte,
       umringt von Zehntausenden Anhängern auf einmal gut vorstellen kann. „Obama:
       The election four years ago wasn’t about me. It was about you. My fellow
       citizens, you were the change. #DNC2012“, zitiert ihn
       [10][//twitter.com/HuffingtonPost:@HuffingtonPost] (Obama: Bei der Wahl vor
       vier Jahren ging es nicht um ich. Es ging um euch. Meine Mitbürger, ihr
       ward der Wandel.)
       
       Obama scheint den Wechsel zu vollziehen von pragmatisch zu emotional.
       Tweets laufen ein über eine sich verändernde Welt, einen Präsidenten, der
       von sich selbst sagt, sich ebenfalls verändert zu haben. Und – 2008 jetzt
       wieder deutlich vor Augen – Tweets über Hoffnung.
       
       ## War das jetzt gut?
       
       „Obama: "If you turn away now, if you buy into the cynicism... Well, change
       will not happen." [11][http://wapo.st/P62tEP] #DNC2012“, setzt
       [12][//twitter.com/washingtonpost:@washingtonpost] ab. (Obama: Wenn ihr
       euch jetzt abwendet, wenn ihr jetzt dem Zynismus verfallt ... Dann wird es
       keinen Wandel geben)
       
       Und dann ist es offensichtlich schon vorbei. Kurz nach 23 Uhr Ortszeit –
       pünktlich im Vergleich zu Bill Clinton am Abend zuvor – beendet Obama seine
       Rede. War sie groß? War sie gut? Das fragen auch viele auf Twitter, viele
       wagen sich schnell mit einer Einschätzung nach vorn, nichts anderes würde
       dem Medium gerecht werden. [13][//twitter.com/mattyglesias:@mattyglesias]
       von Slate: „Obama decided to end very strong.“ (Obama hat sich entschieden,
       stark zu enden.) [14][//twitter.com/TheFix:@TheFix] stimmt darin überein,
       sieht die Rede jedoch nicht in den Top 5 aller Reden des US-Präsidenten.
       
       Etwas weiter unten in der sich zu schnell aktualisierenden Timeline findet
       sich das Redenende, über das bereits gerichtet wurde.
       [15][//twitter.com/NBCNews:@NBCNews] übermittelt es ´: „I never said this
       journey would be easy, and I won't promise that now...Our path is hard, but
       it leads to a better place." – Obama“ („Ich habe nie gesagt, dass diese
       Reise leicht werden würde, und ich werde das jetzt auch nicht versprechen
       ... Unser Weg ist beschwerlich, aber er führt an einen besseren Ort.)
       
       ## Schweigen bei Romney
       
       Vom offiziellen Twitter-Kanal von Konkurrent
       [16][//twitter.com/MittRomney:Mitt Romney] wurde während der kompletten
       Rede nichts abgesetzt. Dafür Hunderte Unterstützer-Tweets und Wahlaufrufe.
       [17][//twitter.com/politico:@politico] gibt der Rede Obamas die Note B+,
       eine 2+. Nennt sie „präsidial“. Andere Stimmen nennen sie „mittelmäßig“.
       Und [18][@SteveCase], einer der Mitgründer von AOL, wird dem flüchtigen
       Medium vollends gerecht und ist schon viel weiter: „Off to the debates“
       (Auf zu den Debatten.)
       
       Welcher Meinung man am Ende des Abends folgen soll, ist ähnlich schwer zu
       entscheiden wie darüber, welche Auswahl an Tweets lesenswert ist, die
       während der Rede verschickt wurden. Laut Twitter waren es 52.757 pro
       Minute.
       
       Follower-Empfehlung: Wer via Twitter mehr über amerikanische Politik und
       Gesellschaft lesen möchte, der sollte [19][//twitter.com/BuzzFeedBen:Ben
       Smith], Chefredakteur von [20][buzzfeed.com] und
       [21][//twitter.com/marcambinder:@marcambinder], Autor und Journalist,
       folgen.
       
       7 Sep 2012
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://https
   DIR [2] http://en.twitter.com/nydailynews
   DIR [3] http://https
   DIR [4] http://https
   DIR [5] http://https
   DIR [6] http://en.twitter.com/mpitzke
   DIR [7] http://https
   DIR [8] http://https
   DIR [9] http://es.twitter.com/derekahunter
   DIR [10] http://https
   DIR [11] http://wapo.st/P62tEP
   DIR [12] http://https
   DIR [13] http://https
   DIR [14] http://https
   DIR [15] http://https
   DIR [16] http://https
   DIR [17] http://https
   DIR [18] http://en.twitter.com/SteveCase
   DIR [19] http://https
   DIR [20] http://www.buzzfeed.com/
   DIR [21] http://https
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rieke Havertz
       
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